Am 9. Januar hatte das Amtsgericht München Medienvertreter im Rahmen einer lockeren Gesprächsrunde zum Thema »Der Ermittlungsrichter – das unbekannte Wesen« geladen. Bei diesem Hintergrundgespräch stand den anwesenden Medienvertretern sowohl ein Haftrichter des Polizeipräsidiums München und eine Ermittlungsrichterinnen des Strafjustizzentrum Rede und Antwort. Dabei fiel das Gespräch unter anderem auch auf das Thema beschlagnahmte Führerscheine im Zusammenhang mit den derzeit boomenden E-Scootern, die seit dem 15. Juni 2019 im Zuge der sogenannte Elektro-Kleinstfahrzeug-Verordnung für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen sind.
Aufgrund dieses neuen Mobilitätsprodukt ist laut Amtsgericht München die Zahl der einkassierten Fahrerlaubnisse 2019 (und im Vergleich zum Vorjahr) um 57 Prozent sprunghaft nach oben gestiegen.
In Zahlen: 2019 wurden in der Bayern-Metropole 1.157 Fahrerlaubnisse vorläufig entzogen. Der Anstieg ist laut Angaben des zuständigen Ermittlungsrichters vor allem auf Verkehrskontrollen von E-Scooter-Fahrern zurückzuführen. Vielen sei nicht bekannt, dass auf den E-Tretrollern dieselben Alkoholgrenzen gelten wie für Motorrad- oder Autofahrer. Im Gegensatz zum Fahrrad handelt es sich bei den E-Scootern nämlich um ein Kraftfahrzeug. Immer wieder seien zwei, manchmal sogar drei Fahrer auf einem einzigen E-Scooter unterwegs. In disem Fall gelten dann laut den Ermittlungsrichtern sowohl Lenker als auch Bremser gleichermaßen als Fahrzeugführer.
Natürlich hat der Zuwachs auch mit dem neuen Mobilitätsprodukt und dem Oktoberfest zu tun. Wiesn-Besucher, die es bei der dortigen Fülle nicht mehr in die U-Bahn oder Bus schafften und auch kein freies Taxi fanden, griffen hier und dort auf die um das Oktoberfest-Gelände bereit gestellten Miet-Scooter zurück.
Somit wurden von der Polizei alleine rund um die Wiesn 774 Verkehrsteilnehmer unter Alkoholeinfluss gestoppt. Davon waren 414 auf E-Scootern unterwegs. Ergebnis: insgesamt wurde 469 Verkehrsteilnehmern sofort die Fahrerlaubnis entzogen – 254 waren davon mit E-Scootern unterwegs.
Dazu der Pressesprecher der Münchner Polizei Marcus da Gloria Martins: »Viele betrachteten die Fahrzeuge nicht als ernstzunehmendes Verkehrsmittel, sondern als ein Lifestyle-Produkt oder Spielzeug.« Ein Lifestyle-Produkt bzw. Spielzeug, mit dem man im alkoholisierten Zustand allerdings auch sich und anderen Schaden zufügen kann, der weit über den Führerschein-Entzug hinaus geht.
Text/Foto: Jo Beckendorff