Der traditionsreiche deutsche Versandhändler Neckermann – unter anderem auch einer der ersten und größten Online-Händler Deutschlands – muß nach 62 Jahren Insolvenz anmelden. Nachdem der sich wieder auf sein Kerngeschäft konzentrierende Karstadt-Quelle-Konzern (später unter dem Namen Arcandor AG auftretend) Neckermann 2006 an US-Investor Sun Capital Partners verkauft hatte, war der jetzt nicht mehr bereit weiterzumachen. Die verkündete Neuausrichtung zum reinen Online-Händler, über die der RadMarkt im April 2012 berichtet hatte und der bereits 1.380 Arbeitsplätze zum Opfer fielen, scheint somit nicht funktioniert zu haben.
Geschäftsführung und Betriebsrat hatten noch eine Lösung gesehen. Investor Sun Capital Partners hielt diese wohl aber nicht für tragbar und zog kurz vor der Unterschrift die Reissleine.
Neckermann – nach Otto der zweitgrößte Universalversender Deutschlands und der viertgrößte Europas – wurde 1950 von Josef Neckermann gegründet und steht wie nur wenige andere Unternehmen für das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit. Seit 1955 sind auch Fahrräder und Fahrradprodukte im Angebot gewesen. Im Verlauf der ersten fünf Jahre war der Katalog bereits von zwölf auf 200 Seiten angewachsen (Quelle: Wikipedia).
„Von 1956 an wurden sogar Mopeds unter dem Markennamen Necko (nach Josef Neckermanns Spitznamen benannt) sowie der aus der DDR stammende Simson Spatz angeboten, ab 1968 vertrieb man unter der Markenbezeichnung Neckermann MZ auch ostdeutsche Zweitakt-Motorräder der Motorradwerke Zschopau. Gleichzeitig bot man Garelli-Mofas, -Mokicks und -Kleinkrafträder zu Dumpingpreisen an, um so in den deutschen Moped- und Kleinkraft-Radmarkt einzudringen, der fest in der Hand von Kreidler, Hercules und Zündapp war“, heißt es in der Firmengeschichte auf Wikipedia.
Seit 1995 betreibt Neckermann als einer der ersten Versandgrössen einen eigenen (auch Fahrradprodukte-verkaufenden) Online-Shop. Über den rollen mittlerweile fast 80 Prozent des Firmenumsatzes. Annähernd 90 Prozent der Neukunden sind Online-Kunden. Das altehrwürdige Katalog-Geschäft brach indes komplett ein. Somit war die im April verkündete Neuausrichtung auch eine logische Folge.
Jetzt hat der Insolvenzverwalter das Sagen. Ob und wie es weitergeht, wird man erst im Laufe der kommenden Wochen bzw. Monate erfahren.
– Jo Beckendorff –