Hintergrund: die am 30. Juni veröffentlichte Insolvenz des heimischen E-Commerce-Sporthändlers Geomix AG mit Sitz in Liezen (befindet sich derzeit im Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung) sowie übervolle Warenlager und Zahlungsverschiebungen einiger angeschlossener Händler haben die Zentrasport Österreich e. Gen. – Sport 2000 massiv in Bedrängnis gebracht.
Wichtig zu wissen: Die 229 österreichischen Sport 2000-Händler sind mit ihren 367 Geschäften nicht von der Sanierung betroffen. Warum? Weil sie selbstständige Unternehmer sind. Sie werden ihre Läden weiterhin vollumfänglich geöffnet haben.
Sanierungsverfahren zur Wiederherstellung der Liquidität
Die oben benannten Hürden haben die Liquidität der Genossenschaft im Laufe des Jahres zunehmen strapaziert. Sicherheiten wie Eigentumsvorbehalte, Bankgarantien und Pfandrechte zur Absicherung der offenen Forderungen konnten nicht schnell genug realisiert werden. »Die derzeitige Situation fordert uns als Verband sehr. Wir haben gemeinsam mit Vorstand und Aufsichtsrat sowie Banken in den vergangenen Wochen intensiv nach Finanzierungslösungen gesucht, um den Liquiditätsengpass zu bewältigen. Das ist uns aus eigener Kraft leider nicht gelungen«, spricht Sport 2000 Österreich-Vorstand Dr. Holger Schwarting Tacheles, »nun sind wir an einen Punkt gelangt, an dem wir in unserer Verantwortung als Vorstand ein gerichtliches Sanierungsverfahren für die Zentrasport Österreich e.Gen. beantragen müssen. Die Beantragung des Sanierungsverfahrens ist für die nächsten Tage geplant. Ich bedauere diesen Schritt zutiefst, vor allem in Anbetracht der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der Zentrasport in den letzten Jahren. Er ist jedoch rechtlich notwendig, um unsere Gemeinschaft für die Zukunft zu sichern und die Liquidität wiederherzustellen.«
Den nicht von Zentrasport-Sanierung betroffenen selbstständigen Sport 2000-Händlern verspricht er: »Im Zentrum unseres Handelns steht, unsere selbstständigen Sport 2000 Händler:innen auch in dieser besonderen Situation verlässlich mit Ware zu versorgen und den Zugang zu Marken sicherzustellen. Wir freuen uns sehr, wenn die Kundinnen und Kunden weiterhin die Sport 2000-Fachgeschäfte besuchen, wo sie in gewohnter Qualität beraten werden.«
Rettungsanker ANWR Group
Derzeit würden schon Gespräche mit den Mitarbeitern, dem Betriebsrat, Banken, Lieferanten und Partnern laufen: »Wir werden alles uns mögliche unternehmen, um die Zentrasport zu sanieren und bestmöglich und nachhaltig für eine erfolgreiche Zukunft im österreichischen Sportfachhandel wieder aufzustellen. Wie diese Veränderungen für unser Team in Ohlsdorf, unser Lager in Regau und für unsere Händler:innen konkret aussehen werden, können wir im Moment noch nicht sagen. Was wir sagen können: Aktuell gibt es gute Gespräche bezüglich einer Zusammenarbeit mit der ANWR Group. Diese Option wird intensiv geprüft.«
RadMarkt-Hinweis: die genossenschaftlich organisierte ANWR Group eG lenkt unter anderen den Einkaufsverband Sport 2000 (und hielt bis zum Jahreswechsel 2021/22 auch eine Minderheitsbeteiligung an dem deutschen Fahrrad-Einkaufsverband Bico Zweirad Marketing GmbH – besser bekannt unter dem Namen Bike&Co. -, den die Verler Anfang 2022 zu einem nicht näher genannten Kaufpreis selbst erwarben).
Wie auch immer – die ANWR Group bedauert die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage der Zentrasport. Sie betont aber auch, dass sie »von der Leistungsstärke des Teams um Holger Schwarting und der Relevanz der Sport 2000 für den österreichischen Markt absolut überzeugt ist«. Somit hat sie ein sehr großes Interesse an einer Fortführung des Geschäfts. Aus diesem Grund werden derzeit alle Möglichkeiten geprüft, »die Zukunft gemeinsam zu gestalten und langfristig auf ein stabiles wirtschaftliches Fundament zu stellen«.
Sport 2000 und das Thema Bike
Seit dem oben erwähnten Verkauf der Bico-Minderheitsbeteiligung ist Sport 2000 selbst wieder verstärkt in den Bikesektor eingestiegen. Auf der diesjährigen Messe OutDoor by Ispo stellte der Fünf-Länderverbund Sport 2000 GmbH ein bereits im Vorjahr angekündigtes und unter seinem Outdoor-Bereich angesiedeltes eigenes Bike-Konzept mit Schwerpunkt Softgoods vor (der RadMarkt berichtete).
Selbst wenn dieses Bike-Konzept vom besagten Sport 2000-Länderverbund – bestehend aus Deutschland, Schweiz und Benelux – vorgestellt wurde und Sport 2000 Österreich (die neben ihrem Heimatmarkt auch die östlichen Nachbarländer Tschechien, die Slowakei und Ungarn in ihre Geschäfte mit einbezieht) nicht dazu gehört: in der Alpenrepublik ist das Thema Fahrrad immer schon stärker im Sportfachhandel verankert gewesen als in den Ländern des Fünf-Länderverbundes. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass der heimische Sportverband mit der Premium Bike Group einen ersten nationalen Fahrrad-Verband aus der Taufe hebt, der laut Schwarting eine erste Anlaufstelle für spezialisierte Bike-Händler sein soll »und sie mit perfekt auf sie zugeschnittenen Verbandsleistungen unterstützt«.
Premium Bike Group
Mit der Premium Bike Group will Sport 2000 Österreich »wichtige Maßstäbe in den Bereichen Sport, Freizeit, Gesundheit und Mobilität« setzen. Auf der vom 25. Bis 26. Juli laufenden Premiere der Bike-Messe in der Verbandszentrale in Öhlsdorf belegten über 30 namhafte Bikeprodukt-Anbieter mit ihren 2024er-Neuheiten eine Ausstellungsfläche von 2.000 Quadratmeter.
Erste Fortführungs-Schritte laufen
Zurück zur Sanierung der Sport 2000 Österreich: ein erster Fortführungs-Schritt wird mit der Übernahme des Zentralregulierungs-Geschäfts für die angeschlossenen Händler durch die DZB Bank GmbH der ANWR-Gruppe zum 1. August gesetzt. Diese Option wird bereits von den meisten Industriepartnern in der Zusammenarbeit mit anderen Verbänden genutzt. Mit einem gesamten Zentralregulierungsvolumen von über 21 Milliarden Euro arbeitet die DZB Bank mit über 80 Verbänden im In- und Ausland zusammen. Laut Sport 2000 gehört sie zu den größten Handels-Finanzdienstleistern in Europa.
»Damit ermöglicht sie einen pünktlichen und zuverlässigen Zahlungsablauf und schließt das Risiko eines Zahlungsausfalls sowohl für den Handel als auch für die Industrie aus«, heißt es aus Ohlsdorf.
»Am Ende des Tages ist auch eine erfolgreiche Sanierung wie so vieles im Business eine Teamleistung. Es zählt daher jetzt jede Unterstützung aus unserer Gemeinschaft aus Händler:innen, Mitarbeiter:innen, Lieferant:innen und Partner:innen«, appelliert Schwarting an die Solidarität und das Miteinander in der Sportfachhändler-Gemeinschaft. Nur so könne die aktuelle Situation und eine erfolgreiche Fortführung der Genossenschaft gestemmt werden.
Text: Jo Beckendorff