Die Insolvenz kommt zumindest für Außenstehende überraschend. Galten die Berliner doch mit ihren innovativen LEV-Fahrzeugen – einem Zwitter zwischen E-Zweirad und Auto – vor allem im urbanen Logistik-Sektor als »letzte Meile«-Fahrzeug, das sich eine goldene Zukunft erarbeitet hat.
Leider ist es aber auch so, dass es junge Unternehmen und Start-Ups in unruhigen Zeiten wie diesen mit ihrem Wachstum besonders schwer haben. Da mag hier und dort auch die politische Unterstützung auf der Strecke geblieben sein.
Wie es zu dem finanziellen Engpass kommen konnte, erklärt Onomotion-Mitgeschäftsführer Beres Seelbach wie folgt: »Die Umsätze der Onomotion GmbH blieben aufgrund der schwachen Nachfrage in Deutschland hinter den Erwartungen zurück. Gemeinsam mit strategischen Partnern arbeiten wir aktuell an der Weiterentwicklung unseres Produkts, um nach Abschluss des Restrukturierungsprozesses die Ono als feste Größe des E-Cargobike-Marktes langfristig zu etablieren.«
Mitgeschäftsführer Philipp Kahl ergänzt, dass es weiterhin das Ziel ist, im technischen Service weiterhin bestmöglich für die Kundschaft da zu sein.
Wachstumskapital
Ein Rückblick: Um das Ono-Geschäft auszubauen, hatten die Berliner am 6. Dezember 2022 eine Series A Finanzierung in Höhe von 6 Millionen Euro abgeschlossen. Wie der RadMarkt damals berichtet, startete das Unternehmen außerdem zusammen mit der sozial-ökologischen GLS Gemeinschaftsbank eG den Vertrieb einer Anleihe mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 15 Millionen Euro.
Die Vermittlung der nicht börsennotierten Anleihe lief sowohl über besagte GLS Gemeinschaftsbank eG als auch über die Crowdfunding-Plattformen GLS Crowdfunding GmbH (kurz GLS Crowd) und Econeers (einer Marke der OneCrowd Securities GmbH).
Bei der damaligen Wachstumskapital-Runde neben Bestandsinvestoren unter anderem neu dabei: der sich auf Mobilität konzentrierende mexikanische Risikokapital-Gesellschaft Proeza Ventures, die »Impact«-orientierte Göttinger Beteiligungsgesellschaft Zu na mi GmbH und der European Innovation Council (EIC).
Anleger: abwarten und Tee trinken
Jetzt fürchten Anleger – nachdem eine weitere Finanzierung durch Gesellschafter oder externe Dritte sowie sonstige Sanierungsbemühungen ins Leere liefen und Onomotion nicht mehr um darum herumkam, einen Insolvenzantrag zu stellen – um ihre Einlagen.
Zum Zeitpunkt dieses Schreibens ist laut GLS Gemeinschaftsbank noch nicht abzusehen, »welche Konsequenzen die Stellung des Insolvenzantrags für Anleger*innen bzw. das angeleggte Kapital haben wird. Zunächst prüft das Gericht des Insolvenzeröffnungsverfahrens, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ob das Vermögen des Schuldners ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken«.
Zukunftsmusik
Was die Zukunft der Ono-Macher betrifft, macht sich die bestellte Insolvenzverwalterin Ulrike Hoge-Peters wenig Sorgen: »Ich habe ein hoch motiviertes und spezialisiertes Team vorgefunden, das den begonnenen Restrukturierungsprozess unterstützt. Unser gemeinsames Ziel ist es, den Geschäftsbetrieb zu sichern. Die bereits durch die Geschäftsführung aufgenommenen Gespräche mit einem strategischen Investor wurden nahtlos weitergeführt.«
Was vor allem optimistisch stimmt: das von Onomotion mit dem Ono bediente Geschäftsfeld bietet sowohl Geschäfts- als auch Privatkunden urbane E-Dreirad-Mobilität vom Feinsten. Hier halten die Berliner mit ihren Innovationen in den Bereichen Mikromobilität, Containerisierung und Physisches Internet im Sektor urbane Logistik nach wie vor effiziente nachhaltig gestaltete (Zukunfts-)Lösungen in ihren Händen.
Text: Jo Beckendorff