Mit dem neuen Format Bike World will die Migros den Schweizer Fachhandel neu aufmischen: Das enorme Bike-, Textil- und Zubehörangebot, die integrierte Werkstatt und innovative Test-Tools könnten den angestammten Läden in den nächsten Jahren ernsthaft Konkurrenz machen. Gestern (2.März) war in Volketswil Eröffnung der ersten Filiale.
Es ist ja nicht so, dass es in der Schweiz bislang noch keine Großflächenanbieter mit Fachhandelskompetenz gegeben hätte: Da war der legendäre Gerber Radsport, später folgte der Fachfilialist Squadra Mondo, der aber nie richtig zum Fliegen kam. Die Migros hat demgegenüber zweifellos die Potenz, um das richtig zu machen. Gewiss dürfte auch der Erfolg des hauseigenen E-Mobilitäts-Spezialisten M-Way die Ambitionen gestärkt haben.
Während gut zwei Jahren hat Sport XX das Format Bike World entwickelt. Die lange Dauer war vonnöten, um es bei allen zehn regionalen Genossenschaften zu verankern (dies im Gegensatz zu M-Way, das als Handelsmarke direkt dem zentralen Migros Genossenschafts-Bund unterstellt ist). Bis vor wenigen Monaten lief das Projekt noch top secret; die Lieferanten unterstanden der Geheimhaltung, und Personal wurde noch unter dem allgemeinen Namen Sport XX rekrutiert. Dass der Arbeitstitel zum definitiven Namen »Bike World by Sport XX« wurde, sei laut Sport-XX-Chef Roman Müller weniger dem anhaltenden Anglizimus, als vielmehr der Schweizer Vielsprachigkeit geschuldet.
Denn klar ist – wenn Migros, dann landesweit. Im Verlauf des Monats März werden gleich drei Filialen eröffnet; das ist dann aber auch das Soll für 2017. Sport XX spricht von einem Fünfjahresplan, will aber zur Anzahl der Standorte nicht konkreter werden; Insider gehen von ein bis zwei Dutzend aus. Wie der erste Laden in Volketswil befindet sich auch jener in Muri bei Bern in der Agglomeration, während sich die Filiale im Kesselhaus in Winterthur an zentralster Lage und größter Konkurrenzsituation befinden wird. Dort wird dann das industrielle Workshop-Interieur mit viel Spanplatten und Stahl besonders eindrücklich zum Tragen kommen. Mit geräumigen 900 bis 1.200 Quadratmetern gibt Bike World ein klares Bekenntnis zur Großfläche ab.
Große Spannung herrschte natürlich, welche Mainstream-Brands denn nun mit dem orangen Riesen ins Boot steigen und sich damit gegenüber langjährigen Fachhändlern zu exponieren wagten. Mit 11 Marken ist ein zum Start stolzes Portfolio zusammengekommen. Sie decken so ziemlich alle Segmente ab – von Kinder (Puky), über BMX (Radio), Lifestyle (Creme), Urban (Diamant, Tour de Suisse), Road/Trekking/MTB (Giant, Ghost, Scott, Trek) bis E-Bikes (Flyer, Haibike). Da war natürlich die Gretchenfrage, wie weit der E-Kompetenz von M-Way das Feld streitig gemacht würde, oder ob gar eine Kooperation sichtbar würde. In Interpretation von Roman Müller ist Bike World – ganz entsprechend der Migros-Kultur – den eigenen Weg gegangen. Immerhin auffallend, dass die Elektroräder an den insgesamt 450 ausgestellten Bikes einen vergleichsweise bescheidenen Anteil einnehmen.
Text/Fotos: Peter Hummel