Outdoor-Branche: Mehr Lifestyle, mehr Wachstum
Von links nach rechts: EOG Präsident John Jansen, FRASTEYA-Präsident Yannick Morat, Alpinist Stefan Glowacz und der Bereichsleiter OutDoor/Eurobike bei der Messe Friedrichshafen Stefan Reisinger

Dass die Zeiten der Outdoor-Branche mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten der Vergangenheit angehören, ist kein Geheimnis. Die »entschleunigte Entwicklung« hat sowohl Outdoor-Industrie als auch -Handel zum Nachdenken gebracht. Wie kann man die nächste Generation – von Keen-Chef EMEA John Jansen (Bild links) in seiner Funktion als Präsident der Europäischen Outdoor Group (EOG) und mit Blick auf den aktuellen Smartphone-Hype »face-down-generation« tituliert – für Aktivitäten außerhalb des Worldwideweb begeistern? Darüber wurde – neben der Präsentation einiger Marktdaten – auf dem Podium der traditionell am ersten Messetag der Eurobike-Schwestermesse OutDoor (13.-16.7.2016) stattfindenden internationalen Pressekonferenz diskutiert.

Yannick Morat (Bild zweiter von links) – Präsident der französischen Outdoor-Fachhandelsgruppe FRASTEYA (Ekosport.fr, Espace Montagne, Sport 2000) – meint, dass die Smartphone-Generation den Begriff »Outdoor« mit schlechtem Wetter und körperlicher Anstrengung assoziieren würde: »Wir müssen das Thema Outdoor einfach ein wenig komfortabler und attraktiver gestalten.«
Der deutsche Alpinist Stefan Glowacz (bild zweiter von rechts) – unter anderem Gründer und Geschäftsführer des kleinen Kletterlabels Red Chili – sieht das Problem darin, dass »es nicht mehr viele innovative Marken gibt, sondern viele, die den Trends folgen. Somit ist das, was gezeigt wird, irgendwie alles dasselbe. Es gibt einfach zu viele Mainstream-Produkte, die von allen präsentiert werden. Dadurch verlieren großen Marken ihre Kompetenz.« Kleine Marken hätten hingegen ihre DNA, wären dadurch authentischer – und seien deshalb für die Branche »extrem wichtig«.
Natürlich hätten kleine Anbieter auch ihre – wenn auch andere – Probleme. Um weiter innovativ zu sein, brauche man »viel Investment« – was diesen Kleinen aber oft fehlt. Anders ausgedrückt: Ideen sind da, Investitionen fehlen.
Wie auch immer – John Jansen präsentierte einige Schlüsseldaten zum zurückliegenden europäischen Outdoor-Jahr 2015. Laut EOG-Marktforschung sei Europas Outdoor-Markt im letzten Jahr gegenüber 2014 »um 2,1 Prozent an Wert sowie 1,7 Prozent in der Menge« gewachsen. Die Handelsstatistik geht für Gesamt-Europa von einem Sell-In-Handelsvolumen von 5,3 Milliarden Euro aus, das für ein Sell-Out-Volumen an den Endverbraucher von 11,2 Milliarden Euro geführt haben soll.
Das Marktvolumen ist in sieben Produktkategorien unterteilt. Das größte Stück vom Kuchen entfiel auf Bekleidung (2,7 Milliarden Euro) und Footwear (1,5 Milliarden Euro). Siehe dazu auch Tabelle 1 (Outdoor Market 2015). Laut Jansen habe sich die Marktsituation mit Ausnahme Russlands »in allen weiteren europäischen Ländern auf Vorjahresniveau gehalten«.
Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich sind nach wie vor die größten europäischen Landesmärkte. Während die Nummer Eins (Deutschland) gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent zulegen konnte, wuchs die Nummer Zwei (Frankreich) um 2,5 und die Nummer Drei (das Vereinigte Königreich) um 1,8 Prozent. Jansen verwies aber auch darauf, dass der europäische Outdoor-Markt – aufgeteilt nach Regionen – vor allem in Süd- (plus 2,3 Prozent) und Ost-Europa (plus 2,2 Prozent) weiter nach oben stapfte.
Die EOG konnte allerdings auch schon einige Zahlen des aktuellen Outdoor-Jahres 2016 vorlegen. Demnach kann die Branche wieder mit Optimismus in die Zukunft schauen. Laut einer Umfrage betreffs des ersten Halbjahres 2016 gaben 48 Prozent der befragten 56 EOG-Mitglieder (zumeist aus der Industrie) an, gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahres ein Plus von 5,1 und mehr Prozent erzielt zu haben. Nur 5 Prozent gaben an, auf Vorjahresniveau zu verharren. 13 Prozent errechneten ein Minus von 5 Prozent und nur 3 Prozent ein Minus von mehr als 5 Prozent (siehe auch Tabelle 2).
Das Branchenbarometer des ersten Verkaufsquartals 2016 ergab, dass eine Mehrheit von 65 Prozent der befragten Händler in den ersten drei Monaten (verglichen mit dem 1. Quartal 2015) ein positives Wachstum erzielt hatte. Und von denen berichteten immerhin 45 Prozent, dass dieses Plus bei mehr als 5 Prozent gelegen habe. Auf der anderen Seite gaben aber auch 25 Prozent der Händler für das erste Verkaufsquartal ein Minus an – und 10 Prozent berichteten über gleichbleibende Verkäufe (siehe auch Tabelle 3).
Fazit von John Jansen – diesmal in seiner Rolle als Verantwortlicher von US-Outdoor-Sandalen- und -Schuhanbieter Keen: »Wir machen inzwischen immer mehr Produkte in Richtung Lifestyle. Das wird immer wichtiger. Wir müssen dabei zeigen, dass wir unsere Outdoor-DNA behalten und diese auf den Lifestyle übertragen.«
Mit Blick auf diese Marschrichtung Marke »Lifestyle-Produkte mit Outdoor-DNA« meinte letztendlich der Bereichsleiter der Messen OutDoor und Eurobike Stefan Reisinger (Bild rechts): »Um neue bzw. weitere Zielgruppen anzusprechen, muss sich die Outdoor-Branche öffnen – ohne dabei die Balance zu ihrem Kernbereich aus den Augen zu verlieren.«

Text/Foto: Jo Beckendorff, Tabellen: EOG

 

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