Ende August/Anfang September 2023 berichtete der RadMarkt, dass der größte Leoni AG-Anteilseigner Stefan Pierer mit Hilfe des am 1.1.2021 in Kraft getretenen und erstmals bei einem börsennotierten Unternehmen angewandten Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz für Unternehmen (StaRUG) zum Alleineigentümer der angeschlagenen Nürnberger aufstieg.
Dieses Gesetz war eigens von der Bundesregierung für eine Unternehmenssanierung ohne Insolvenz kreiert. So kam es zu einem radikalen Kapitalschnitt, der das Leoni-Kapital auf Null setzte.
Folge: sämtliche Leoni-Aktionäre gingen leer aus. Während die Gläubiger rund 708 Millionen Euro in den Wind schreiben mussten, investierte der zum Leoni-Alleineigentümer mutierte Stefan Pierer im Gegenzug und zur Rettung der kurz vor dem Kollaps stehenden Nürnberger 150 Millionen Euro in die Leoni AG.
Pierer spricht von Rettung, Aktionärsschützer von »Geschmäckle«
Und jetzt? Der österreichische Milliardär hat eine Mehrheit von 50,1 Prozent an der Leoni AG an den Elektronikriesen Luxshare Precision Industry Co., Ltd. (Luxshare-Gruppe) in China verkauft. Somit gewinnt Leoni AG und ihr Geschäftsbereich Wiring Systems Division (WSD) laut Eigenangaben »einen weiteren starken Anteilseigner, der den Marktzugang, die technologische Exzellenz und die finanzielle Stabilität deutlich verbessert«. Zugleich übernimmt die Luxshare-Tochter Time Interconnect Singapore den darbenden Leoni AG-Kabelbaum-Geschäftsbereich Automotive Cable Solutions (ACS).
Was die Verkaufssumme betrifft, variiert die in der Berichterstattung diverser Finanzmagazine aufs Gröbste. Von Seiten Leonis und der Luxshare Gruppe (die sich u.a. einen Namen als Apple-Zulieferer gemacht hat) gab es dazu keine offiziellen Angaben.
Während sich Stefan Pierer mit diesem Deal als Retter des angeschlagenen deutschen Automobil-Zulieferers sieht, vermuten Aktionärsschützer, dass er sich mit dem Einstieg der Chinesen eine goldene Nase verdient hat.
In diesem Zusammenhang wird auch das hier erstmals zur Anwendung gekommene StaRUG in Frage gestellt. Andere Kritiker verweisen auf eine weitere Schwächung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
Letztendlich müssen die Wettbewerbsbehörden dem Deal noch zustimmen.
Text: Jo Beckendorff