Wie die finnische Alu-MTB-Schmiede Pole Bicycle Company soeben verkündet, ist ihre neu aufgestellte Fabrik voll betriebsbereit. Die erweiterten Produktionskapazitäten des hochwertigen Nischenanbieters sorgen aber auch für einige Umstellungen.
Den eingeschlagenen Weg der Direktvermarktung will man fortsetzen. Zudem will Pole ein Unternehmen in den USA gründen, das US-Bestellungen, Geschäftstarife und Logistik effizienter abwickeln kann.
Rückblickend heißt es aus der Pole-Zentrale, dass Lieferverzögerungen, Engpässe und Preiserhöhungen das Geschäft erschwert hätten. Die Finnen nennen ein Beispiel: »Unsere Evolink-Bestellung wurde im Herbst 2020 aufgegeben. Alle Rahmenmaterialien waren bereit, aber wir hatten Probleme mit der Qualität, kleinen Details und allgemeinen Schwierigkeiten mit der hohen Nachfrage. Wir mussten mit unserem Agenten aus der Ferne arbeiten und erhielten schließlich im Juli 2022 die Evolink-Lagerbestände. Um ehrlich zu sein – wenn wir unsere CNC-Fabrik in Finnland nicht hätten, wären wir nicht mehr hier.«
Neues Management
Dabei sei die Pandemie nicht die einzige Herausforderung gewesen. Im Jahr 2019 tauchten an fast allen Pole-Produkten Qualitätsprobleme auf. Daraufhin wurde das Unternehmens-Management gewechselt: »Mit dem neuen Management beschlossen wir, alles in Ordnung zu bringen, wieder Kontakt zu unseren Kunden aufzunehmen und unseren Kurs zu ändern sowie die Produktion in Finnland zu erhöhen.«
Zauberformeln Qualitätsoptimierung und Produktions-Effizienz
Zur Qualitätsverbesserung wurde unter anderem auch der CNC-Prozess effizienter gestaltet. So habe man Material, manuelle Arbeit und Produktionsschritte einsparen können. Erste Priorität bestand darin, »mit denselben Ressourcen größere Mengen herzustellen«.
Dabei durchlief das Pole E-Bike-Modell »Voima« einen langen Produktentwicklungs-Prozess, der die manuelle Arbeit um 70 Prozent reduziert hat. Für die Finnen war der »Voima«-Vorverkauf im Jahr 2021 ein großer Erfolg – und zwar so sehr, dass man den Verkauf und die Produktion des Schwestermodells »Stamina« zugunsten von »Voima« eingestellt hat. Hintergrund: mit »Voima« ist die Pole-Produktionskapazität komplett ausgelastet.
Produktionserweiterung = weniger Vorlaufzeit
Derzeit ist man in der Lage, pro Monat 80 »Voima«-Rahmensets Made in Finnland herzustellen. Ziel der jetzigen Fabrik ist es, monatlich 100 Rahmensets zu produzieren. Somit will man bis Ende August alle aktuellen »Voima«-Bestellungen abarbeiten. Heißt auch, dass die aktuelle Vorlaufzeit bei 30 Tagen anstatt sechs Monaten oder mehr liegt.
Neues (Anzahlungs-)Kundendienst-Konzept
Besagte Prozessverbesserungen bedeuten aber auch neue Preisoptionen. Dabei bringen die Finnen ein völlig neues Kundendienst-Konzept ins Spiel: »Wir haben festgestellt, dass unsere Kunden gerne eine Anzahlung leisten, um sich ihren Produktionsplatz zu sichern, und die Details ihres Fahrrads später mit unserem Kundendienst klären. Als wir zu den üblichen Zahlungsoptionen auf unserer Website zurückkehrten, stellten wir fest, dass die Online-Auswahl einigen Leuten Kopfzerbrechen bereiten kann. Die Kunden scheinen zu wollen, dass jemand anderes überprüft, ob alles richtig ist. Unser Kundenservice hilft bei der Größenbestimmung, der Auswahl der richtigen Komponenten und den Zahlungsmodalitäten.«
Auf der einen Seite sei der Online-Einkauf – »wenn es sich um Kleidung oder andere Waren handelt, die keinen vierstelligen Betrag kosten« – einfach. Wenn der Kauf aber mehr als 5000 Euro beträgt, wird es schwieriger, mit einer Kreditkarte zu bezahlen. Drittanbieter von Zahlungsmitteln bringen Sicherheit in den Einkauf.
So soll’s funktionieren: »Nachdem die Anzahlung eingegangen ist, prüft unser Kundendienst die Bestellung und bestätigt den Kauf mit dem Kunden. Wenn alles in Ordnung ist, stellt unser Kundendienst unseren Kunden eine Reihe von Zahlungsmöglichkeiten für den Restbetrag zur Verfügung. Normale Kartenzahlung, Finanzierungsoptionen mit Klarna und sogar unsere eigenen Split-Zahlungsoptionen stehen allen Kunden bei jeder Bestellung zur Verfügung.«
Langfristiger Ausblick
Das nächste große Projekt ist allerdings die Errichtung einer komplett neuen Fabrik und die Vervielfachung der Produktionskapazität für CNC-gefräste Fahrräder Made in Finnland. Für dieses Ziel sind die Finnen langfristig auf der Suche nach einem Partner, der die neue Fabrik und die dazu gehörigen Automatisierungsprozesse finanziert. Anders ausgedrückt: um weiter mitmischen zu können, ist der Nischenanbieter wohl zum weiteren Wachstum verdammt.
Mehr Info zum finnischen Bikeanbieter über polebicycles.com.
Text: Jo Beckendorff/Pole Bicycle, Foto: Pole Bicycle