Zuerst rettete er Olivetti, dann Piaggio Group – und jetzt die nationale Fluglinie Alitalia? Unter Sanierungsspezialist Roberto Colaninno – in Italien auch „der Buchhalter“ genannt – versucht ein Konsortium italienischer Investoren, die in die Pleite geschlitterte und vor 52 Jahren gegründete altehrwürdige Fluggesellschaft Alitalia zu retten.
Neben Lufthansa und KLM bewirbt sich die unter Regie von Piaggio Group-Hauptaktionär Colaninno fluchs ins Leben gerufene Italo-Investorengruppe Compagnia Aerea Italiana – kurz CAI – um die „heilige Aufgabe“, das nationale Denkmal zu retten. Neben Colaninno investieren 15 weitere nationale Investoren in den Rettungsplan.
Anfangs war die Rede davon, daß Colaninnos als operativer Präsident der Alitalia-Rettung und seine eigene Holding MMS alleine bis zu 150 Millionen Euro in Alitalia investieren dürfe. Allerdings scheiterte der vorgelegte CAI-Rettungsplan am Freitag 19. September am Veto der Gewerkschaften.
Laut Branchenkennern würde ein weiteres Engagement von Roberto Colaninno bei Alitalia auch zu seinem Aus bei Piaggio Group (Marken Ape, Aprilia, Derbi, Gilera, Moto Guzzi, Piaggio, Trackmaster, Vespa etc.) führen. Er könne einfach nicht beide Aufgaben auf einmal erfüllen.
Zudem kommt sein aktuelles Alitalia-Engagement zur absoluten Unzeit: Denn trotz des an hohe Spritpreise gekoppelten Aufschwungs für Zweiräder läuft es derzeit bei Piaggio Group nicht rund. Verkaufszahlen und Umsatz sind im ersten Halbjahr 2008 eingebrochen. Das operative Ergebnis vor Steuern und Abgaben (EBITDA) mußte laut dem Börsenjournal „Das Wertpapier“ ein zweistelliges Minus um die 12,2 Prozent auf 128 Millionen Euro schlucken. Während das aktuelle Geschäft 01-06/2008 nur in Indien mit einem zweistelligen Plus von 10,1 Prozent punktet, steht vor allem die traditionelle Motorrad-Marke Moto Guzzi schlecht da. Hier sollen – verglichen mit dem vergleichbaren Vorjahres-Zeitraum – „fast ein Drittel weniger der kraftstrotzenden Räder“ abgesetzt worden sein. Somit wird der Aktienkurs von Piaggio Group derzeit nicht durch schwache Verkaufs- und Umsatzzahlen belastet, sondern zusätzlich auch noch durch die „neue Sondermission“ von Colaninno in Sachen Alitalia.
Ob das nationale Investorenkonsortium CAI nach der fehlgeschlagenen Rettung der Fluglinie noch einmal angreifen und mitspielen wird, bleibt abzuwarten. Ob „der Buchhalter“ Roberto Colaninno bei so einer nationalen Sache wie der traditionellen Fluglinie Italiens allerdings so schnell aufgeben wird? Zum Zeitpunkt dieser Recherche war die Schlacht um Alitalia jedenfalls noch nicht beendet.
– Jo Beckendorff –