Daß bei Massenanbietern nach Abflauen von „Geiz ist geil“ Sand im Geschäftsgetriebe ist, ist bekannt. Wie der quantitativ größte Fahrradverkäufer der USA und größte Einzelhändler der Welt WalMart damit umgeht, ist neu: Um die Kostenschraube noch weiter anzuziehen, stellte WalMart-Chef Lee Scott jetzt seinen ohnehin schon gegenüber der Konkurrenz weniger verdienenden 1,3 Millionen Mitarbeitern ein neues Arbeitszeit-Modell zur „Optimierung der Arbeitszeit“ vor.
Dieses Arbeitsmodell, bei dem sich jeder Beschäftigte von festen Arbeitszeiten verabschieden muß, soll laut einem Artikel in der „Wall Street Journal“ bereits in diesem Jahr zum Einsatz kommen. Demnach sollen die Mitarbeiter genau dann zur Stelle sein, wenn der Laden voll ist bzw. neue Ware angeliefert wird. Wer wann und wie lange arbeitet, errechnet ein Computerprogramm. Dann müssen die Angestellten auf Abruf bereit stehen. Somit wissen sie auch vorab nicht, auf wie viele Stunden sie es im Monat bringen werden – und wie viel Geld sie genau nach Hause bringen. Für Menschen, die sowieso schon finanziell zu knabbern haben und oftmals zum Bezahlen ihrer Fixkosten auf einen zweiten Job setzen müssen, eine Katastrophe.
WalMart selbst ist mit diesem Arbeitsmodell in der Lage, die Beschäftigungszahl und Personalkosten in schwachen Zeiten auf das Nötigste zu reduzieren. US-Gewerkschaften kritisieren Scott’s vorgestelltes „Flexibilitätsmodell“, können aber nichts machen: In den Reihen von WalMart gibt es nur wenige Gewerkschaftsmitglieder. Und überhaupt: Gewerkschaften an sich sind dem WalMart-Management ein Greuel. Nicht nur in Deutschland, wo das Geschäft anders als im Rest der Welt im vergangenen 2006 nach mehreren verlustreichen Jahren aufgegeben werden mußte, sondern weltweit. Die 85 deutschen WalMart-Filialen schluckte übrigens der auch Fahrradprodukte-verkaufende Mitbewerber Metro Group.
– Jo Beckendorff –