Letzten Donnerstag (25. März) flatterte Partnern, Händlern und Lieferanten des Schweizer MTB Cycletech-Machers Velobaze AG eine vom Verwaltungsrat verfasste traurige Nachricht in ihre Mailbox: darin wurde für viele überraschend bekannt gegeben, dass der Betrieb der Velobaze AG »aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation per sofort eingestellt« wird. Wie das in Zeiten des Fahrrad- und vor allem E-Bike-Booms passieren kann, in der die Marke MTB Cycletech gerade beim Thema S-Pedelec über die Heimatgrenzen hinaus gut mitmischen wollte, erfahren Sie hier.
Laut dem Velobaze-Verwaltungsrat habe man diesen Schritt »trotz substantieller finanzieller Investitionen in die Neuorganisation und den Lageraufbau sowie trotz hoher Teammotivation mit enormer Passion und Energie« treffen müssen: »Das wirtschaftliche Umfeld – nicht zuletzt geprägt von Covid-19 – hinderten die Velobaze AG, aus all den getätigten Bemühungen den notwenigen Nutzen ziehen zu können.«
Fakt ist, dass die durch den Boom und die unterbrochene Lieferkette aktuell ausgelöste Lieferproblematik gerade die kleinen feinen Anbieter unter Druck setzt. Nischenanbieter wie Velobaze, die sich bis dato keiner größeren Gruppe angeschlossen haben (oder übernommen wurden), müssen sich bei ihren Lieferanten ganz hintenanstellen.
So heißt es auch im besagten (auch dem RadMarkt vorliegenden) Schreiben des Velobaze-Verwaltungsrats: »Fehlende Teile, welche am Markt auch gegen Vorauszahlungen in naher Zukunft nicht erhältlich sind, verunmöglichten letztlich eine durchlaufende Montage, laufende Bestellungen konnten somit weder kurz- noch längerfristig abgesichert werden. Dies bewirkte wiederum einen zu geringen Output und führte letztlich zur ausweglosen finanziellen Situation.«
Um höhere Ordermengen tätigen zu können und somit bei den Lieferterminen früher dranzukommen, habe man noch versucht, eine Partnerlösung mit Mitbewerbern und mehreren Montagewerken zu finden. Zudem sei man auch daran gescheitert, die fehlenden Teile für die Fertigmontage der bestellten Bikes über mögliche Partner innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes zu beziehen.
Resignierender O-Ton des Verwaltungsrates: »Eine Auffanglösung ist aussichtslos und auch für die Jahre 2022/23 hinaus nicht realistisch, da die Velobaze AG als Nischen- und Premium-Anbieter mit dem kundennahen Geschäftsmodell ‚Customizing‘ in einer kritischen Größe angesiedelt ist – und das trotz international ausgezeichneten Bikes wie ‚Code‘ und ‚Souplesse‘.«
Letztendlich bedaure man die Konsequenzen des Entscheids. Man werde alles dransetzen, allen Mitarbeitenden einen sozialverträglichen Übergang in neue Betätigungsfelder zu ermöglichen.
Mit dem Ende der Velobaze AG geht auch ein Stück Schweizer MTB-Geschichte: schließlich gilt die einst vom Schweizamerikaner Butch Gaudy gegründete Marke MTB Cycletech als erste Mountainbike-Marke der Landes – hatte allerdings auch im Laufe der letzten Jahre immer mehr im Sektor individuelle (E-)Mobilitätsräder ihre Nische gefunden und auch erfolgreich besetzt.
Ob diese Premium-Marke irgendwie irgendwann wieder auferstehen kann, bleibt abzuwarten. Tatsache ist, dass der Rechtsstreit um die Namensrechte am Markennamen MTB Cycletech zwischen dem langjährigen und im April 2020 ausgeschiedenen Velobaze-Geschäftsführer George Merachtsakis auf der einen und dem aktuell hinter Velobaze AG stehenden Team um CEO Sebastian Marten und CFO Michael Läuppi auf der anderen Seite noch nicht komplett gelöst ist.
Text: Jo Beckendorff, Foto: Velobaze/MTB Cycletech