Seit Juni ist bekannt, dass die von dem österreichischen Investor René Benko gelenkte Signa Holding GmbH und deren Tochter Signa Retail Group ihre virtuelle Sportplattform Signa Sports United (SSU) an die US-Börse bringen will – und zwar mit Hilfe der eigens für diese SPAC-Transaktion gegründeten Yucaipa Acquisition Corp. In diesem Zusammenhang wurde auch bekannt, dass die Internetstores-Mutter SSU den weltweit zweitgrößten E-Commerce-Fahrradhändler Wiggle-CRC vom bisherigen Eigentümer – der Private Equity-Gesellschaft Brigdepoint Capital – übernehmen wird. Nun berichten diese Woche nationale und internationale Finanznachrichten-Dienste und -Zeitungen, dass sowohl Benko als auch Wiggle-CRC-Mutter Bridgepoint den bevorstehenden SSU-Börsengang im Fall der Fälle mit einer dicken Finanzspritze absichern wollen.
Worum geht es dabei genau? Für den Fall, dass Aktionäre der börsennotierten leeren Firmenhülle (SPAC) Yucaipa Acquisition Corp. ihre Anteile bei der geplanten Fusion mit SSU veräußern, sollen Benko und Bridgepoint bereit sein, den Börsengang in den USA mit dem Kauf von Aktien zu einer Summe bis zu 178 Millionen USD (153,4 Millionen Euro) abzusichern. Dazu SSU-Chef Mike Özkan. »Das gibt uns Transaktionssicherheit für die strategische Verbindung der zwei größten Online-Fahrradhändler.«
Wieso absichern? Bei vielen SPACs hatten Aktionäre, unter denen sich auch immer viele eher auf das schnelle Geld schielende Hedgefonds befanden, ihr Recht wahrgenommen, bei der SPAC-Fusion mit einem operativ tätigen Unternehmen ihre Anteile zu einem Festpries abzugeben. In einigen Fällen nahmen sogar bis zu zwei Drittel der Aktionäre von diesem Recht Gebrauch.
Warum SPAC?
RadMarkt-Hinweis: »SPAC« steht für »Special Purpose Acquisition Company«. Dabei handelt es sich um eine Mantelgesellschaft ohne Geschäftsbetrieb, die an der Börse gelistet wird. Sie werden von anderen Gesellschaften genutzt, um schneller an die Börse zu gelangen als über einen »normalen« IPO.
So wurde Yucaipa explizit für den bevorstehenden SSU-Börsengang aus der Taufe gehoben. SSU-Mehrheitseigner Signa Group will seine sportliche Online-Plattform mit Yucaipa verschmelzen. Diese SPAC soll bereits bei interessierten Anlegern 345 Millionen USD (296 Millionen Euro) eingesammelt haben. Die Yucaipa-Aktie notiert derzeit bei knapp unter 10 USD (8,60 Euro).
Neue Investoren an Bord – auch Hedgefonds?
Laut SSU sollen neue Investoren bei der Yucaipa-Fusion mit SSU 372 Millionen USD (319 Millionen Euro) frisches Kapital bringen. Laut Reuters unter anderem dabei: der saudi-arabische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF). Wie viele Hedgefonds, die im Gegensatz zu klassischen Investmentfonds eher kurz- als langfristig anlegen und auch höhere Finanzrisiken eingehen, als klassische Investmentfonds, dabei sind, wurde zum Zeitpunkt dieser Recherche nicht kommuniziert.
Die Aktionäre von Yucapia sollen Anfang November über die Zusammenführung entscheiden. Spätestens Anfang Dezember soll Signa Sports dann an der New Yorker Börse gelistet sein. Das Unternehmen wird dabei mit rund 3,2 Milliarden USD (2,7 Milliarden Euro) bewertet. SSU will die Börsenerlöse zum Kauf des britischen Fahrrad-Onlinehändlers Wiggle-CRC. Dessen bisheriger Eigentümer Bridgepoint steigt mit dem Börsengang ebenfalls bei SSU ein.
Wenn Benko und Bridgepoint (die Briten sind übrigens erst im Juli selbst an die Börse gegangen) auf den Nachschuss verzichten können, hält Signa künftig 48 Prozent der Anteile, Bridgepoint 5 Prozent und die übrigen SSU-Altaktionäre rund 20 Prozent. Zu ihnen gehören der japanische Handelskonzern Aeon, die asiatische Central Group sowie der deutsche Versicherer R+V.
SSU betreibt insgesamt in mehr als 20 Ländern mehr als 100 Internet-Shops (darunter Internetstores mit Addnature, Bikester, Brügelmann, Campz, Fahrrad.de, Probikeshop etc.). Für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr 2020/21 geht SSU von einem Gesamtumsatz von um die 1,6 Milliarden USD (1,4 Milliarden Euro) aus.
Text: Jo Beckendorff