Die Fokussierung von Markenanbietern auf eigene Händlerevents geht vor allem in der westlichen Welt zu Lasten der großen Branchentreffs wie Eurobike oder Interbike. Um den sich immer schneller drehenden Produktzyklus einzufangen und jene Anbieter, die sich bereits von diesen großen Messen als Aussteller verabschiedet haben, wieder zu erreichen, hat die Eurobike für 2018 (wie berichtet) mit einer Vorverlegung ihrer Veranstaltung von Ende September in den Juli reagiert. Jetzt rudert ausgerechnet Specialized zuerst zurück: Der kalifornische Anbieter will seine weltweiten Händlerevents für das Modelljahr 2018 von Juli in den September zurücklegen. Für den europäischen Branchentreff Eurobike ist das eine sehr gute Nachricht.
Mit Blick auf die ausufernden Händlerevents und Hausmessen hatte Eurobike-Projektleiter Stefan Reisinger im Oktober – bei Bekanntgabe der Vorverlegung seiner Messe ab 2018 – treffend angemerkt, dass sich in zahlreichen Gesprächen mit Branchenteilnehmer aller Couleur mehr und mehr herauskristallisiert habe, dass »eine weitere Defragmentierung der Branche in einzelne Haus- und Ordermessen kein nachhaltiges Konzept ist. Mit strategischem Weitblick und in zwei Stufen drehen wir in den kommenden beiden Jahren an den Stellschrauben des Messekonzepts und stärken so die Bedeutung der Eurobike als Innovationstreiber der globalen Fahrradbranche.«
Allerdings bestand nun die Gefahr, dass die Anbieter mit eigenen Events und Hausmessen auf die Entscheidung der Eurobike, ab 2018 um sieben Wochen nach vorne zu rutschen, mit einer weiteren Vorverlegung ihrer eigenen Veranstaltungen reagieren. Das würde die Bemühungen der Messe, wieder als – O-Ton Messe-Chef Klaus Wellmann – »Generalvorstellung« zu fungieren, konterkarieren. Dann wäre die europäische Leitmesse in Friedrichshafen nicht mehr der Branchentreff, auf der dem Fachhandel alle Produkte erstmals präsentiert werden. Das kann allerdings nur geschehen, wenn die auf ihren eigenen Events setzenden Anbieter mitspielen.
Specialized scheint das verstanden zu haben. Kurz vor Weihnachten 2016 setzte Specialized US Market Leader Jeff McGuane im Namen seines Arbeitsgebers einen Rundbrief auf, der sowohl an us-amerikanische als auch britische Handelspartner versandt wurde. Darin wird unter der Überschrift »time is everything« bekannt gegeben, dass man für das Modelljahr 2018 mit seinen Händlerevents weltweit von Juli nach hinten in den September rücken werde.
Nachgehakt bei Sebastian Maag (Marketing Manager von Specialized-Europe) erklärt dieser kurz und knapp: »Die Strategie, auf den September zu gehen, wird global realisiert. Termine, Location, etc. stehen noch nicht fest.«
Laut Specialized reagiere man damit »auf das Feedback unserer Handelspartner«. Deren Kritik: Die immer früheren Händlerevents seien nicht mehr auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Ergo: »Um die Erwartungen der Radler zu erfüllen, das Produktsortiment zeitgerecht liefern zu können sowie den Handelspartner nicht im geschäftsträchtigen Monat Juli aus seinen Laden zu ziehen, haben wir uns für eine Änderung entschieden«, erklärt McGuane in seinem Händlerschreiben. Heißt: Die Termine für die Specalized-Händlerevents 2017 werden weltweit um zwei Monate nach hinten verlegt.
Somit wachsen auch die Chancen des europäischen Branchentreffs Eurobike, ab 2018 tatsächlich als der Ort da zu stehen, an dem der internationale Fachhandel die neue Ware für die jeweils kommende Saison erstmals zu Gesicht bekommt. Das sollte nicht nur im Interesse der Messe, sondern der gesamten Branche sein.
Text/Fotos: Jo Beckendorff