Anders als die Sportartikelindustrie sieht der Sportartikel-Fachhandel das Krisenjahr 2011 weniger positiv. Wie auch, wenn man die vom Präsidenten des Verbandes des Deutschen Sportfachhandel e.V. (VDS) und der Europäischen Vereinigung der Verbände des Sportfachhandel (FEDAS) Werner Haizmann vorgetragenen Zahlen seiner Mitglieder hört. Mit Blick auf zwei große Sportveranstaltungen in 2012 – nämlich der Fußball-EM und der Olympiade – schaue man allerdings optimistisch nach vorne.
Erst nach fünf Minuten seines Vortrages auf der Hauptpressekonferenz der Ispo Munich ließ Werner Haizmann die Katze aus dem Sack: „ Jetzt müssen wird zum ersten Mal zu Beginn unserer weltgrößten Sportartikelfachmesse Ispo eine Umsatzdelle hinnehmen.“
Der Umsatz des deutschen Sportfachhandels sei fast ausschließlich wetterbedingt um vier Prozent zurück gegangen – und zwar von 7,5 Milliarden Euro auf 7,2 Milliarden Euro. Damit konnte er 2011 – nachdem er jahrelang immer über den prozentualen Durchschnittsumsätzen des gesamten Einzelhandels lag – mit dem jetzt rund 2prozentigen Wachstum des gesamten Einzelhandels nicht mithalten. Das „umsatzbehindernde Wetter“ sei übrigens europaweit zu spüren gewesen: „In Europa ging der Umsatz von 39,75 Milliarden Euro im Jahr 2010 um drei Prozent auf 38,2 Milliarden Euro zurück.“ Betrachte man die Umsatzentwicklung in Deutschland im abgelaufenen Jahr 2011, sehe die Statistik in etwa so aus: Gesamtumsatz minus vier Prozent.
Unterteilt in Segmente stagnierte der Outdoorumsatz auf seinem sehr hohen Niveau: „Hier hatten wir 2008 ein Umsatzwachstum von 14 Prozent, 2009 eines um weitere 15 Prozent und 2010 eins von abermals 20 Prozent. Wir konnten dieses hohe Wachstum des Jahres 2010 umsatzmäßig 2011 über die Runden retten. Und das vor allem bei einem ersten Halbjahr 2011, dessen Wetter beim Umsatz in den Geschäften alles andere als Outdoor-freundlich war. Der Wintersportumsatz rauschte aber mit mehr als 25 Prozent ins Minus, gefolgt von einem weiteren 15-prozentigen Umsatzminus bei der Wintermode.“
Im Bereich Teamsport – und hier hauptsächlich beim Fußball – gab es kein wetterbedingtes, sondern ein ereignisbedingtes Minus von gut 10 bis 12 Prozent. Die Frauen-Fußball-WM 2011 habe dem deutschen Sportfachhandel trotz aller Begeisterung keinen Euro und Cent mehr in die Kassen gespült.
Lichtblicke bei den Umsätzen des europäischen Sportfachhandels sind die Zahlen, die dieser mit Running und Walking „im Wetterkrisenjahr 2011“ erzielt hat. Hier stiegen allein in Deutschland die Umsatzzahlen 2011 um 10 Prozent – wobei der Zuwachs meist beim Verkauf von Runningschuhen liegt und es auch sicherlich 2012 so sein wird.
2012 schaut man jetzt gebannt auf zwei große Sportereignisse: „Die Fußball-EM in Polen und der Ukraine wird alle Fußballumsätze in ganz Europa entsprechend nach oben treiben. Zusätzlich gibt es die Olympischen Spiele in London. Hier wirken sich die sportlichen Ereignisse aber nicht so umsatztreibend aus wie bei den großen Fußballwettbewerben.“
Somit werde das Jahr 2012 „wieder deutlich die Vorrangstellung des Service- und beratungsintensiven mittelständischen Sportfachhandels am Markt zeigen, besonders auf dem in Europa am stärksten umkämpften, dem deutschen“.
Mit seiner Sportschuhberatung setze er wieder besondere Akzente und sorge so dafür, dass der Sportschuhumsatz immer ein stabiler Faktor in der Erfolgsrechnung jedes Unternehmens ist und auch bleibe: „Wir werden dieses Marktsegment weiterhin gegenüber unseren Partnern aus der Markenindustrie erfolgreich verteidigen. So ist es uns beispielweise gelungen, den Vertrieb von Sportschuhen durch die einschlägigen Sportverbände direkt an ihre Vereine und deren Mitglieder zunächst zu stoppen“.
Bei einer überwältigenden Mehrheit der Markensportschuhanbieter herrsche die Einsicht vor, dass der Sportartikelfachhändler in seiner Beratungsfunktion vor allem in Deutschland noch immer nicht durch ein noch so gut gestaltetes Internetangebot aus eigenen Shops oder durch Verbandsshops ersetzt werden kann. Der mittelständische deutsche Sportfachhandel halte immerhin noch einen guten 60 Prozent Anteil des Gesamtmarktes in seinen Händen.
– Jo Beckendorff –