Gemeinsam mit Fahrradhersteller Specialized stellte SRAM in Köln einigen Händlern die neuen Produkte für 2013 vor: die Nabenschaltung G 8, die Kettenschaltungsgruppe Via GT und den Elektroantrieb E-Matic. Das sind die ersten Produkte einer Offensive im Bereich City- und Trekking, die vor einem Jahr auf der Eurobike angekündigt worden war. Damals hatte sich SRAM vorgenommen, den Erfolg der Rennrad-Linie (speziell der Spitzengruppe Red) im urbanen Bereich zu wiederholen.
Die Nabenschaltung G 8 und die Kettenschaltungsgruppe Via GT sind die bevorzugten Schaltkomponenten dieser Räder. Die G 8 wird sicherlich die I-Motion 9 ersetzen. Die Probefahrt am Rheinufer ergab zweifelsfrei, dass das Schaltverhalten der G 8 mit Abstand das Beste ist, das jemals eine SRAM-Nabenschaltung an den Tag legte: Prompt, sauber, ohne störendes Ratschen oder Reiben und diese Eigenschaften sind auch unter Last nicht spürbar vermindert. Der Drehschalter lässt in Sachen Griffigkeit und richtig dosiertem Widerstand nichts zu wünschen übrig und die Ganganzeige ist stylisch und klar strukturiert.
2.188 Gramm legt die G 8 auf die Waage, geboten werden die Farboptionen Islandic Black und Falcon Grey. Es wird eine Ausführung mit Rücktritt geben, eine für Scheibenbremse mit Schnellspanner (Februar 2013) und eine Freilaufversion zu einem späteren Zeitpunkt. Riemenantrieb ist grundsätzlich möglich.
Die Via GT ist SRAMs erste vollständige Komponentengruppe für das Trekkingrad, also der komplette Antriebsstrang samt Bremsen, Nabendynamo und allen Lenkerarmaturen. Neben dem eleganten Design ist vor allem das Übersetzungskonzept hervorzuheben. Doppelkettenblätter im Compact-Drive-Stil sind das Kernstück einer Schaltungsphilosophie, die sich SRAM mit aller Kraft zu Eigen gemacht hat. Sowohl bei Rennrädern als auch bei Mountainbikes wurde »Zwei mal zehn« als Alternative zu Dreifach-Kettenblättern forciert und dabei sogar den Rennradfahrern ein 32er-Ritzel offeriert.
Bei der Trekkinggruppe Via GT bietet SRAM nun eine Zehnfachkassette 12-36 Zähne und stellt ein Doppelkettenblatt 48/32 dazu. Somit wird im ersten Gang ebenso eine Untersetzung erreicht wie bei klassischen Triple-Anordnungen. Ein Kettenblatt weniger bedeutet mehr Überblick und weniger Schaltarbeit. Durch die enorme Bandbreite der Kassette wird das Handling nochmals deutlich vereinfacht, weil der Fahrer wirklich sehr lange auf einem Kettenblatt verbleiben kann. SRAM hat durch eine spezielle Anpassung des Umwerfers und der Kettenblätter (Typ X-Glide) erreicht, dass keine Kombination durch Kettenschräglauf mit Schleifgeräuschen beeinträchtigt wird. Dadurch soll der Fahrer weniger nachdenken müssen; das entspricht der postulierten »Smart Simplicity«. Und wie bei G 8 wird auch eine große Ganganzeige geboten.
Der Kettenschutz ist kompatibel mit der 48/32-Kurbel oder einer Version mit nur einem Kettenblatt Urban-Produkte 2013 von SRAM.
Das GXP-Lager der Kurbel hat neue Schmutzdichtungen. Das Schaltwerk hat einen 93 Millimeter langen Käfig, um die große Kassettenspreizung zu bewältigen.
Geschaltet wird mit Trigger-Schaltern, die man von SRAM X0 kennt. Der kugelgelagerte, ergonomische Schaltgriff bereitet nach kurzer Eingewöhnung in das Funktionsprinzip keine Probleme, es sind aber Drehgriffe als Option geplant. Ansonsten besteht noch die Wahl zwischen V-Brakes und hydraulischen Scheibenbremsen; die ergonomischen Bremshebel können individuell an die Hand angepasst werden. Die Scheibenbremse wurde für urbane Zwecke etwas gedrosselt. Außerdem gibt es zwei Nabendynamos mit unterschiedlicher Leistung; das Licht soll dank optimierter Spule auch bei geringen Geschwindigkeiten nicht flackern.
Das Gesamtgewicht der Gruppe wird mit 2.448 Gramm angegeben, mit Scheibenbremse 2.691 Gramm. Zur Eurobike wird noch eine Basisgruppe Via Centro folgen. Via GT soll im September 2012 lieferbar sein. Fahrräder mit der Via GT sind primär im Preisbereich von 800 bis 1.300 Euro zu vermuten; außer Specialized wollen Koga, Focus, Merdia*, Lapierre, Giant, Rose, Raleigh USA, BMC, Simplon und Bergamont Fahrräder mit dieser Gruppe auflegen.
E-Matic: Unsichtbarer Helfer
Es gibt keinen Mangel an Elektroantrieben im Topbereich. Dagegen fehlen simple, aber pfiffige Lösungen, die auf einfachste Bedienung und volle Integration setzen. Insofern hat SRAM gut daran getan, den Markt der Elektroantriebe mit einem eigenständigen Ansatz zu betreten, den es so noch nicht gab. Die E-Matic sitzt im Gehäuse der Hinterradnabe – zusammen mit der Zwei-Gang-Nabenschaltung Automatix. Diese bereits vor einem Jahr vorgestellte Schaltung treibt das Prinzip der Smart Simplicity fast auf die Spitze: Der Fahrer hat nur zwei Gänge, dafür gibt es aber keinen Schalter. Eine manuelle Bedienung ist auch nicht ausnahmsweise vorgesehen; lediglich kann ab Werk die Grenzgeschwindigkeit eingestellt werden, bei der der Gang gewechselt wird.
Wem das wegen Steigungen oder Gegenwind zu wenig Bandbreite bietet, der findet nun in der E-Matic Entlastung durch den Hilfsmotor. Auch hier bleibt es konsequent bei Smart Simplicity: Es gibt kein Display, also werden weder Gang noch Akkustand noch Unterstützungsgrad angezeigt. Der Kunde kann gar nichts wählen, muss sich aber auch mit nichts beschäftigen außer einem Start-Stopp-Knopf. E-Matic entspricht dem Vollautomatik-Modus von Digitalkameras; dort wählt der Nutzer nur den Bildausschnitt, hier nur die Fahrtrichtung. Nebeneffekt: Neben dem Display entfällt die Verkabelung nach vorn; außerhalb des Hinterrades gibt es auch keine Sensoren. Nur eine Kabel-Steckverbindung zum Akku im speziell dafür angefertigten Gepäckträger muss sein.
Die Hitzesensoren im Inneren der Antriebseinheit überprüfen die optimale Motortemperatur. Läuft der Motor zu sehr heiß, schaltet das System automatisch auf Kühlung. OEMs können wählen zwischen drei Akkugrößen mit 6, 8 und 10 Amperestunden. Die E-Matic konnte bei der Händlerpräsentation noch nicht vorgeführt werden; damit sollte aber auf der Eurobike zu rechnen sein, denn Ende des Jahres soll sie ausgeliefert werden.
Text: Michael Bollschweiler