Chinas junge Generation ist nicht mehr gewillt, weiter mit Niedriglöhnen vom heimischen Wirtschaftsboom ausgeschlossen zu sein. Laut einem Bericht von BBC News sei eine ausgiebige Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, daß die jungen Arbeiter streikbereiter sind denn je. Mit Blick auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind heute (Arbeiter-)Unruhen und Streiks unter den vielen Millionen Arbeitnehmern in der „Weltfabrik China“ keine Ausnahme mehr. Der von BBC News zitierte Report von China Labour Bulletin – einer Arbeitsrechts-Gruppe aus Hongkong – berichtet auch über neue Technologien, mit denen sich die Proteste organisieren.
Fakt ist: Der Herstellungsboom hat viele billige Arbeitskräfte vom Land in die Ballungsgebiete des Landes mit ihren zahllosen Fabriken gelockt. Laut einer Volkszählung im vergangenen Jahr hätten die Weltfabriken Chinas „mehr als 200 Millionen Migranten“ angezogen: „Fast die Hälfte gehören der sogenannten ‚zweite Generation’ an – heißt sie sind unter 30 Jahre alt“.
Wie ihre Eltern haben sie ihre Dörfer verlassen, um in den Städten zu arbeiten. Aber im Gegensatz zu ihren Eltern sind sie in zunehmendem Maße nicht mehr bereit, unter schlechten Bedingungen zu arbeiten und danach mit ein paar Renminbi in ihre Dörfer zurückzukehren: „Sie wollen einen größeren Anteil an den Gewinnen des Booms…sie wollen sich ein Leben in der Stadt aufbauen. Dafür brauchen sie Geld.“ Die Lebenshaltungskosten in den Ballungsgebieten steigen exorbitant.
Also seien sie auch eher als ihre Eltern bereit, sich zusammen zuschließen und für ihre Rechte zu kämpfen. Deshalb gäbe es mehr und mehr Streiks und Proteste. Viele Aktionen für Lohnerhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen würden mit Hilfe von Internet und Mobiltelefon organisiert und gelenkt.
Für Chinas herrschende Kommunistische Partei stellt dieses neue Selbstbewusstsein der Arbeiter ein echtes Problem dar: Zwar sieht man ein, daß die Arbeiter irgendwie an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung beteiligt werden müssen. Aber die Partei wird bestimmt nicht zulassen, daß Arbeitnehmer ihre eigenen unabhängigen Gewerkschaften bilden. Sie würden für die Partei eine echte Herausforderung darstellen und werden daher als Gefahr angesehen.
Somit wird alles daran gesetzt, jegliche Proteste und Streiks gleich im Keim zu ersticken. Oder anders ausgedrückt: Je schlechter die Arbeiter organisiert sind, umso besser ist das für die Partei. Arbeitskräfte, die mutig genug sind, zu Streiks oder Protesten aufzurufen, verlieren schnell ihren Arbeitsplatz. Noch…
Wie lange die Partei den Deckel auf dem bereits dampfenden Kessel halten kann, bleibt abzuwarten.
Wie auch immer: Für die Verbraucher im Westen werden viele „Made in China“-Produkte künftig definitiv teurer werden. Nicht umsonst schauen sich international agierende Fahrradanbieter bereits nach Produktionsalternativen um. Wobei sicherlich auch der gerade in die Verlängerung geschickte EU-Anti-Dumping-Strafzoll auf in China produzierte Fahrräder von 48,5 Prozent seinen Teil dazu beitragen wird.
– Jo Beckendorff –