Die verkündete 2018er-Verschiebung des traditionellen März-Termins von Asiens größter Fahrradmesse Taipei Cycle Show (TCS) in den Oktober ist auf dem diesjährigen Branchentreff vor lauter E-Bike- und Mietrad-System-Hype fast unter gegangen. Nachdem aber auch der Termin des ebenfalls in Taiwan stattfindenden OEM-Events Taichung Bike Week (TBW) verkündet wurde, kommt so mancher Branchenteilnehmer arg ins Grübeln.
Hintergrund: Im kommenden Jahr liegen beide Messen gerade einmal elf Tage auseinander. Während TCS-Organisator Taitra den 2018er-Termin 31. Oktober bis 3. November bekannt gegeben hat, bestätigte Prolite-Chef Steven Fenton nun in seiner Rolle als TBW-Mitbegründer und –Organisator auf Nachfrage des RadMarkts deren 2018er-Termin. Demnach werden sich in Taichung im kommenden Jahr die (Hotel-)Türen der TBW vom 16. bis 20. Oktober öffnen.
Bisher ist es immer so gewesen wie in diesem Jahr: Die mehr oder weniger zur »Meet&Greet«-Veranstaltung zwischen Anbieter, Produzent und Landesimporteuren mutierte einstige Industriemesse TCS öffnete im März ihre Tore – und die 2004 erstmals ausgerufene TBW mit ihrem Fokus auf Produktmanager im vierten Jahresquartal (wobei sie bereits aufgrund sich immer schneller drehenden Produktzyklen von Dezember über November in den Oktober vorgerückt ist). Die diesjährige TBW läuft vom 17. bis 20. Oktober. Somit lagen (bzw. liegen) sieben Monate zwischen diesen beiden Taiwan-Branchenveranstaltungen.
Mehr als eineinhalb Jahre keine TCS
Nicht so im kommenden Jahr. Was Branchenteilnehmer dabei aber immer bewusster wird: Zwischen der diesjährigen und nächstjährigen TCS liegen satte 19 Monate! Das ist bei den sich immer schneller drehenden Produktzyklen eine wahre Ewigkeit. Wie soll das gut gehen?
Laut TCS-Messechefin Andrea Wu wurde das Vorrücken in den Oktober (das im kommenden Jahr eher als Nachrücken wahrgenommen wird) auf Wunsch der Branche und in Absprache mit dem Industrieverband Taiwan Bicycle Association (TBA) getroffen.
Dieser große Schritt wurde beschlossen, nachdem die weltweit führende Eurobike bereits eine 2018er-Terminverschiebung von bisher Ende August/Anfang September in den Juli – genau genommen 8. bis 10. Juli – bekannt gegeben hatte. Taitra ist sich bewusst, dass ihre Entscheidung von großer Tragweite ist. Sie sei allerdings, betont Wu, »auf Wunsch und in Abstimmung mit der Branche« getroffen worden.
Langer Taiwan-Aufenthalt oder was?
Wie das allerdings im kommenden Jahr und mit Blick auf die kurz vorab stattfindende TBW funktionieren soll ist nicht ganz klar. Sicherlich werden Branchenteilnehmer keine drei Wochen in Taiwan verbringen, um beide Veranstaltungen zu besuchen. Erste Vermutungen, dass die von der Regierung gestützte TCS mit ihrer Terminverlegung den von der Branche selbst organisierten OEM-Treff TBW »platt machen will«, tat der letztjährige Giant Global Group-CEO Tony Lo in seiner damaligen Rolle als TBA-Vorsitzender damit ab, dass die TBW eine ganz andere Klientel als die TCS ansprechen würde.
TBW-Mitbegründer und –Organisator Steve Fenton schickte indes gleich nach der letztjährigen TBW eine Pressemeldung heraus, in dem er erklärte, dass es nicht zu einem Zusammenschluss von TBW und TCS kommen werde. Dem entsprechende Gerüchte kursierten bereits hier und da auf der TBW 2016.
Kostenfaktor pro TBW
Gegenüber dem RadMarkt machte Fenton klar, dass »viele Leute bereits ihre TBW-Teilnahme wegen des gefallenen TCS-Märztermins zugesagt haben. Branchenteilnehmer bevorzugen Taichung – dem Zentrum der taiwanesischen Fahrradindustrie. Sie haben realisiert, dass es keinen Sinn macht, auf der TCS mit großem Messegelände auszustellen. Die Kosten einer Ausstellung auf der TBW liegen weit unter denen der TCS. Und nach wie vor wird das Geschäft hier in Taichung gemacht. TBW ist ein von der Industrie für die Industrie organisierter Event«.
TCS = Wichtiger »Meet & Greet«-Branchentreff
Ganz so einfach ist es aber nicht. Im Laufe der letzten Jahre ist die TCS, die wie alle großen Fahrradmessen zu kämpfen hat, allen Unkenrufen zum Trotz zu einem wichtigen Treff der ausstellenden Anbieter mit ihren Landesimporteuren mutiert. Dabei geht es nicht nur um die Vertriebspartner in Asien, sondern weltweit. Viele nutzen die Chance, sich einmal im Jahr mit ihren internationalen Geschäftspartnern zusammen zu setzen und für die kommende Saison abzustimmen. Dabei wird auch über die neue Produktkollektion gesprochen.
Zeitliche Herausforderung
Ob das auch zum vorverlegten Oktober-Termin möglich ist? Das ist die große Frage, mit der sich bisherige TCS-Aussteller auseinander setzen müssen. Zumindest in den ersten Jahren wird der neue Oktober-Termin zu früh sein, um den Vertriebspartnern dann auch schon die neuen Produkte (vor allem im Sektor After-Market) zeigen zu können. Das geht nicht von jetzt auf gleich, sondern wird sich – wenn überhaupt – im Rahmen der sich immer schneller drehenden Produktzyklen über einen gewissen Zeitraum einspielen müssen.
Somit herrschen mit der drastischen Vorverlegung des TCS-Termins und der damit verbundenen Nähe zur TBW zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr viele Fragezeichen. Zwar gilt weiterhin die allgemeine Formel »Produktmanager gehen auf die TBW, Bikeanbieter und Vertriebspartner auf die TCS«. Ob sich das so aufrechterhalten lässt und wie sich internationale Branchenteilnehmer letztendlich entscheiden, scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig offen.
Text/Fotos: Jo Beckendorff