Darf ein Fahrradhändler ein Elektrfahrrad nachträglich umbauen, also mit anderen Komponenten ausstatten als den ursprünglich eingesetzten? Diese Frage ist durchaus wichtig, weil Kunden im Geschäft sich für ein Pedelec entscheiden, dabei aber häufig Änderungswünsche äußern. Die Verbände VSF und ZIV haben sich jetzt hierzu geäußert. Was auf den ersten Blick wie eine Kontroverse aussieht, deutet bei Näherem Hinsehen darauf hin, dass man näher beieinander liegt, als es scheint.
Ausgangspunkt ist die Rechtslage beim Pedelec 25. Anders als das schnelle Pedelec, das ohnehin eine Typgenehmigung benötigt, ist es im Prinzip ein Fahrrad, mit dem feinen Unterschied, dass es der Maschinenrichtlinie der EU unterliegt und deshalb nicht ohne CE-Kennzeichen in Verkehr gebracht werden darf. Mit diesem Zeichen versichert der Hersteller die Konformität zu allen Bestimmungen der Maschinenrichtlinie (Stichworte: Risikoanalyse, EMV-Prüfung, Betriebsfestigkeitsprüfung nach DIN EN).
Die große Frage lautet nun, ob das Fahrrad nach der erstmaligen In-Verkehr-Bringung ohne weiteres umgebaut werden darf, direkt beim Kauf durch den Endverbraucher oder auch nachträglich. Diese Frage führte zu einem Diskurs zwischen ZIV und VSF, ausgelöst durch einen Passus in einem Artikel im RadMarkt 01/2015 über einen Workshop des DVM über S-Pedelecs.
Auch wenn die beiden Verbände keine deckungsgleichen Ansichten vertreten, so ist schon einer Stellungnahme des ZIV-Hausanwalts Stefan Zdarsky zu entnehmen, dass der Händler bei Umbauten umsichtig und fachkompetent zu Werke gehen muss. Nur geeignete Teile dürfen nachträglich eingebaut werden. Der Händler sollte wohl zumindest eine Unbedenklichkeitserklärung des Teileherstellers ausstellen lassen, wie sie beispielsweise Humpert seit kurzem anbietet.
Der Stellungnahme des VSF lässt sich freilich entnehmen, dass man hier noch rigider vorgehen muss, um haftungsrechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Ganz sicher sei man nur, wenn man lediglich solche von der ursprünglichen Stückliste abweichenden Teile einbaue, die der Hersteller des Fahrrades freigegeben habe. Der VSF empfiehlt daher, dass der Hersteller eine Tauschteileliste erstellt. Eine solche Liste hat soeben der Hersteller Riese und Müller erstellt, mit Hilfe des juristischen Beraters Ulf Blume, der ebenso wie der Sachverständige Dirk Zedler diese weitergehende Interpretation des Sachverhalts vertritt.
Details der Stellungnahmen seien hier übersprungen, solange der Diskurs noch läuft. Wichtig ist dies: Die Verbände stimmen im Prinzip darin überein, dass eine neue Risikoanalyse dann erforderlich wird, wenn das Elektrofahrrad erheblich verändert wird. Aber was ist erheblich? Der ZIV sieht zunächst den Rahmen und den Motorantrieb als so konstituierende Komponenten an, dass der Händler bei deren Tausch alle Pflichten eines Herstellers übernimmt – was er eigentlich leisten nicht kann. Der VSF dagegen sieht weitere Komponenten, die die Charakteristik eines Fahrrades deutlich verändern. Gerne wird der Lenker gewechselt, um den Komfort weiter zu erhöhen. Das ändere aber die Schwerpunktlage und habe Auswirkungen auf das Fahrverhalten. Führt das dazu, dass man nur die Klingel ohne weiteres tauschen darf? Darüber muss man reden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Pedelec-Umbaus im Geschäft sind essentiell für den Handel, der hier Klarheit braucht. Außerdem müssen die Regelungen praktikabel sein. Deswegen wäre es sehr zu begrüßen, wenn die Verbände sich auf eine gemeinsame Linie einigen würden. Die genannten Beteiligten haben zugesichert, hier bereits im Kontakt zu stehen; der RadMarkt wird über das Ergebnis informieren.
Michael Bollschweiler