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»Uns geht’s pink«: E-Bikes im Plus, Gesamtmarkt leicht rückläufig
Im Branchengespräch vor der Eurobike (v. l.): Siegfried Neuberger, Claus Fleischer, Stephan Geiger, Claudio Marra, Stephan Reisinger.
Im Branchengespräch vor der Eurobike (v. l.): Siegfried Neuberger, Claus Fleischer, Stephan Geiger, Claudio Marra, Stephan Reisinger.

»Der Fahrradbranche geht es fast so schön pink wie dem Teppich hier«, fasste ARD-Sportreporter Bernd-Uwe Gutknecht beim Branchengespräch zusammen, zu dem die Messe Friedrichshafen heute vormittag im Vorfeld der Eurobike fünf Experten auf dem Podium versammelt hatte.

Die Halbjahreszahlen, die den Moderator zu diesem Vergleich mit der Auslegware in Eurobike-Magenta inspirierten, hatte zuvor Siegfried Neuberger geliefert, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes. Die Gesamtentwicklung des Fahrradmarktes 2017 beurteilte der ZIV-Geschäftsführer als positiv, nicht jedoch ohne einzuwenden, dass man das Bild differenziert betrachten muss: Der E-Bike-Markt ist das Segment, das weiter stark zulegt, der Gesamtmarkt ist leicht rückläufig. Der Zweirad-Industrie-Verband rechnet damit, dass zwischen Januar und Juni 2017 ca. 2,64 Mio. Fahrräder und E-Bikes verkauft wurden. Das ist ein Rückgang von 2,2 Prozent.
Parallel dazu sei auch die Produktion um 2,7 Prozent auf 1,44 Millionen Fahrzeuge zurückgegangen. Ebenfalls seien nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes die Importe von Fahrrädern und E-Bikes nach Deutschland um rund 1,2 Prozent zurückgegangen. Der Anteil an E-Bikes bei den Importen im Zeitraum Januar – Juni lag bei 21 % (Vorjahr: 19 Prozent). Bei den Exporten von Fahrrädern und E-Bikes hingegen gab es einen leichten Zuwachs:  Zwischen Januar und Juni stieg die Exportmenge leicht um 2,3 Prozent. Der E-Bike Anteil an den Exporten lag bei 25 Prozent (Vorjahr: 21 %)

E-Bikes machen 2017 zwölf Prozent plus
Wenn man die E-Bikes getrennt betrachtet, liegt darüber der rosarote Filter: Bereits im 1. Halbjahr 2017 wurden rund 540.000 E-Bikes über den Handel abgesetzt, für das Gesamtjahr rechnet Neuberger mit 680000 verkauften E-Bikes, das wäre dann ein Plus von zwölf Prozent.
Dass aber »das Fahrrad ohne E« zurückgegangen sei, beobachte man durchaus mit Sorge, erklärte Neuberger weiter. Gerade weil in diesem Jahr das Jubiläum 200 Jahre Fahrrad und auch die starke Medienpräsenz von Fahrradthemen die Stimmung positiv beeinflusst habe, hatte der Verband sich für die konventionellen Bikes mehr erhofft.
Claus Fleischer, Geschäftsführer von Bosch Ebike Systems, bestätigte die Ausführungen: »Wir sehen, dass die Märkte weltweit flach im Absatz sind. Bei den Pedelecs und E-Bikes haben wir jedes Jahr 15 Prozent Wachstum der Absatzzahlen.« Und der Trend sei noch nicht gebrochen, auf Sicht von zehn Jahren könnten die Menschen auf normalen Fahrrädern in der Minderheit sein, da das E-Bike die ganzen Faktoren herausnehme, die vom Benutzen eines normalen Fahrrades abhalten. Claudio Marra, Managing Director Full Speed Ahead (FSA), freut sich über die Umsatzzuwäsche bei den E-Bikes. Seine Firma profitiere davon, zumal sie auch Teile und Zubehör liefere, mit dem Radler ihre Bikes aufrüsten.

Gewerbliche  Anwendungen und Connectivity sorgen für Dynamik
Für die kommenden Jahre prophezeit Claus Fleischer jede Menge Dynamik. Handlungsfelder sieht er bei der Sortimentsbreite, der Digitalisierung im Handel und bei der öffentlichen Wahrnehmung.  Der Handel müsse sich darauf einstellen, dass jedes Fahrrad als Elektrorad gebaut werden kann und es mit Cargo-E-Bikes auch gewerbliche Anwendungen geben werde. Bezüglich der steigenden Zahl von Connectivity-Anwendungen müssen die Mitarbeiter geschult werden, um über Service Kunden binden zu können. Und nachdem in der öffentlichen Wahrnehmung sich das E-Bike als Lifestyle-Goodie etabliert hat, rückt jetzt die Sicherheit in den Fokus. Die Unfallzahlen steigen, weil E-Biker doppelt so oft und so lang fahren, deshalb muss die Industrie Sicherheitslösungen anbieten. Zusätzlich zu industrieseitigen Verbesserungen sei auch noch Engagement für eine sichere Infrastruktur nötig, ergänzte Neuberger: »Viele Leute fahren kein Fahrrad, weil sie sich dabei nicht sicher fühlen.«

Handel punktet mit Service
Als Gebot der Stunde für den Fahrradhandel stellte BOC-Geschäftsführer Stefan Geiger die Dienstleistungsorientierung heraus. Eine Kluft zwischen kleineren und größeren Händlern. Denn in Deutschland gebe es keine großen Ketten. »Wir als BOC sind mit 28 Filialen die größten, das ist für so eine große Branche nichts.« Und egal ob klein oder groß, entscheidend sei Service. Produkte seien austauschbar, aber wer dem Käufer für sein 3000-Euro Produkt eine professionelle Dienstleistung liefert, die dessen Erwartungen übertrifft, der werde Erfolg haben.  
Der Eurobike als Leitmesse kommt die Branchendynamik zugute, wie Bereichsleiter Stephan Reisinger  zusammenfasste: »Wir stehen ausgesprochen gut da. Wir sehen viel Nachfrage aus dem Bereich E-Mobility, es kommen mehr Anbieter auf den Markt. Automobilzulieferer machen sich Gedanken um Mikromobility und es gibt neue Lösungen zu Connectivity«. Gleichzeitig sieht er hier aber auch für die Messemacher die Aufgabe, auch in Zukunft flexibel auf den Markt zu reagieren.

vz/Foto:  Messe Friedrichshafen

 

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