Nach US-Wahl: Abschottung und Handelskriege?
Mountainbiken in den USA, dem »land of the free« - das bald vielleicht gar nicht mehr so frei ist...
Fahrradmontage bei Benotto in Mexiko

Welche Auswirkungen hat die Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika auf das internationale Handelsgeschäft? Wenn einige seiner Versprechungen tatsächlich umgesetzt werden, würde das sicherlich auch die internationale Fahrradbranche in punkto Handel, Produktion und Einkauf schwer treffen. Wie sich etwaige protektionistische Abschottungsgelüste auf das weltweite Exportgeschäft auswirken könnten erfahren Sie hier.

Donald Trump hat sich in Zeiten des globalisierten Freihandels, der weltweit gerade sowohl in ein sogenanntes »Cocooning« – also den Rückzug ins Private – als auch ins Nationale umzuschlagen scheint, speziell auf den südlichen Nachbarn Mexiko sowie die »Weltfabrik China« eingeschossen. Beide Länder zählen zusammen mit dem nördlichen Nachbarn Kanada zu den drei größten Exporteuren von Produkten in die USA.
Künftige Handelsabkommen wie NAFTA – der nordamerikanische Freihandelsvertrag zwischen Kanada, Mexiko und den USA – oder die erst Anfang 2016 unterzeichnete Transpazifische Partnerschaft (offizieller Name »Trans-Pacific Partnership« = TPP) – ein Handelsabkommen zwischen Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, USA und Vietnam – sollen überprüft werden. Etwaige Nachfolgeprojekte wie das Transatlantische Freihandelsabkommen (offizieller Name »Transatlantic Trade and Investment Partnership« = TTIP) zwischen der EU und den USA sollen komplett ad acta gelegt werden.
Und das alles, um die eigene Wirtschaft zu stärken. Zauberformeln wie »America first« sollen die heimische Produktion stützen – bzw. sie wieder ins Land holen. Was China betrifft sprach Trump bereits von Strafzöllen, mit der die heimische Industrie geschützt werden soll. Dieser isolationistische Ansatz steht im Gegensatz zur bisherigen Globalisierung.
Wobei sich Deutschland und die EU mit Blick auf das Thema Fahrrad und Freihandel nicht beklagen können: Nach wie vor werden hier die heimischen Produzenten mit einem hohen EU Anti-Dumping-Strafzoll gegenüber der Importflut von Fahrrädern aus China geschützt. Der aktuelle EU-Strafzoll auf Fahrräder »Made in China« liegt bei 48,5 Prozent.
Ganz anders in den USA: Dort wurde schon vor vielen Jahren ein Strafzoll im Namen der freien Kräfte des (Welt-)Marktes aufgegeben. Folge: Anders als in der EU ist die US-Fahrradindustrie bis auf einige wenige Ausnahmen quasi nicht mehr existent. Trek Group ist einer der wenigen US-Premiumanbieter, der noch einige ausgesuchte High-end-Modelle an seiner Zentrale in Wisconsin produziert. Massenanbieter Kent International startete 2014 mit einer eigenen Fahrradmontage in South Carolina neu durch. Die produziert allerdings ausschließlich für den heimischen Massenmarkt für branchenfremde Großanbieter wie WalMart. Aber auch das ist eine absolute Ausnahme.
Als 1994 die NAFTA ausgerufen wurde, setzten viele US-Fahrradproduzenten auf eine marktnahe Produktion beim Nachbarn Mexiko. Die hielt sich aber nur solange, bis der US-Strafzoll auf Fahrradware aus China fiel. Als der letztmalig aufgehoben wurde, konnten die Montagebetriebe in Mexiko nicht mehr mithalten (mehr über die aktuelle Lage der Fahrradindustrie in Mexiko in einer der kommenden RadMarkt-Ausgaben 2017). Innerhalb kürzester Zeit setzten alle US-Bikeanbieter wieder auf »Made in China«.
Ob mit Hilfe eines protektionistischen US-Strafzolls die China-Bikes ausgebremst werden, ist eine andere Frage. Es ist nicht davon auszugehen, dass die heimische Fahrradproduktion wieder groß durchstarten wird bzw. kann. Anders ausgedrückt: Ohne Alu-Rahmen aus Fernost läuft nichts. Ob sich Montagebetriebe mit heimischen Arbeitskräften halten könnten, ist auch eine Frage. Die billigsten Arbeitskräfte im Lande – illegal eingereiste Mexikaner – will Donald Trump seinen Ankündigungen zufolge nach Hause schicken…
Dass sich wiederum marktnahe Fahrrad-Montagebetriebe in Mexiko etablieren, steht auch nicht zur Debatte. Trump will ja die Exporte aus Mexiko einbremsen. Für den südlichen Nachbarn ist das eine Katastrophe – vor allem für die dortige Autoindustrie. Fast 80 Prozent der gesamten Exporte aus Mexiko gehen in die USA. Der mexikanische Peso brach am US-Wahltag schon um zweistellige 12,37 Prozent ein.
Aber zurück zu China: Wie würden die Chinesen reagieren, wenn die USA plötzlich mit hohen Strafzöllen auf Fahrräder und andere Produkte, die das Land überschwemmen, loslegen? Sie würden mit Handelseinschränkungen für Waren »Made in USA« kontern. Folge: Ein Handelskrieg, bei dem es nur Verlierer geben kann.
Fakt ist: Aufgrund der Globalisierung ist die aktuelle internationale Wirtschafts- und Finanzwelt derart miteinander verzahnt, dass es eigentlich kein Zurück mehr geben kann. Wenn es aber tatsächlich zu einem Handelskrieg zwischen den Supermächten USA und China kommen sollte, werden alle darunter leiden. Der Schaden wäre weltweit zu spüren.

Text/Fotos: Jo Beckendorff

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