Mit Sportfilialist Dick’s Sporting Goods hat der einst aus der Not heraus geborene junge US-Fahrradproduzent Detroit Bikes einen Montageauftrag erhalten, mit dem er seine Produktionskapazität auslasten und sein Renommee steigern kann. Der in der einstigen Auto-Stadt Detroit im Bundesstaat Michigan angesiedelte Fahrradproduzent setzt auf »Made in USA« – eine Karte, die sich in Zeiten des nationalen Protektionismus immer besser spielen lässt. Schlagwörter wie »marktnahe Produktion«, »Lieferfähgikeit«, »schelle Reaktion auf etwaige Trends« etc. sind allerdings auch nachvollziehbare Gründe für eine heimische Fahrradproduktion, die nicht nur in den USA, sondern auch in Europa immer mehr Anhänger findet.
Detroit – als alte Autoindustrie-Stadt auch einst unter dem Namen »Motor City« bekannt – hat seine besten Tage hinter sich. Nachdem Schritt für Schritt Fabriken dicht machten und keine Arbeit mehr vor Ort war, rutschten auch die Bevölkerungszahlen in den Keller. Irgendwann wurde die Geisterstadt mit ihrer industriellen Leere von Künstlern, Hipstern und Unternehmensgründern entdeckt.
Von Auto- zur Fahrrad-Stadt
Zu letzteren gehört auch der Kanadier Zakary »Zak« Pashak. 2011 gründete er mit Detroit Bikes in der zum Krisengebiet verkommenen Autometropole eine Fahrrad-Fabrik, die sich auf die Produktion von Alltagsrädern konzentriert. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten soll nun neben der eigenen Marke Detroit Bikes die Produktionskapazität mit marktnaher Auftragsproduktion (OEM-Fertigung und Großserienmontage) hochgefahren werden.
Mit einer Produktionskapazität von bis zu 20.000 Einheiten pro Jahr gilt Detroit Bikes mittlerweile als größter Rahmen- und Fahrradproduzent der USA – einem Land, in dem nur noch geschätzte 1 Prozent der verkauften Fahrräder »Made in USA« sind. Eine Mehrheit der in den USA verkauften Fahrräder kommt aus China – also aus dem Land, in dem gerade aufgrund des Corona-Virus viele Bänder stillstehen.
Stahlrahmen-Produktion Made in USA
Was die eigene Rahmenproduktion betrifft, setzt Detroit Bikes ausschließlich auf TIG-geschweißte Chromoly-Stahlrahmen für Alltagsräder. Die eingesetzten Rahmenrohre kommen natürlich auch aus den USA. Zudem lenkt Detroit Bikes eine eigene Pulverbeschichtungsanlage, einen eigenen Laufrad-Bau sowie eine eigene Fahrrad-Montage. Das Detroit-Designteam bietet seinen Service auch etwaigen Fahrradanbietern an, die bei ihnen produzieren lassen wollen. Alles ist in-house. Arbeiter zu finden ist in der von Arbeitslosigkeit geplagten US-Metropole kein Problem. Und: »Arbeit ist hier billig«, erklärt Pashak. Warum also in die Ferne schweifen?
Erste Dick’s Nishiki-Bikes »Assembled by Detroit Bikes in USA«
Mit dem heimischen Sportfilialisten Dick’s Sporting Goods hat Detroit Bikes jetzt einen interessanten Fahrradkunden für sich gewinnen können. Für den und dessen Fahrrad-Marke Nishiki wird Detroit Bikes sogar eine neue Montagelinie in seiner Fabrik einrichten. Dort sollen die Mountainbikes von Nishikis »Colorado«-Line montiert werden. Seit 2010 hält Dick’s eine Lizenz für den einst aus Japan kommenden traditionellen Markennamen Nishiki für die USA in seinen Händen. Neben Kompletträdern bietet der US-Filialist in seiner Heimat auch Fahrrad-Accessoires unter diesem bekannten Markennamen an.
»Dick‘s Sporting Goods passt hervorragend zu uns«, freut sich Detroit Bikes-Gründer und Eigentümer Zak Pashak, »Dick’s hat eine große nationale Reichweite und stellt ein Premium-Produkt für seine Kunden her. Dick’s will eine inländische Endmontage- und Vertriebsoption, um die Bestell-Vorlaufzeiten zu verkürzen und ein vollständig montiertes Produkt an ihre über 850 Filialen liefern zu können.«
Das Fahrradgeschäft von Dick‘s Sporting Goods wird in der ersten Hälfte des Jahres 2020 aus über 1.600 Nishiki Colorado-Einheiten bestehen. Weitere Modelle sollen im Laufe des Jahres von der Detroit Bikes-Motage aufgenommen werden. »Wir hoffen, dass wir innerhalb des ersten Jahres unserer Produktion für Dick‘s Sporting Goods auf 10.000 Einheiten kommen«, erklärt Pashak. Die ersten Lieferungen von Detroit Bikes für Dicks Sportartikel werden im März dieses Jahres beginnen.
Neue Arbeitsplätze im »Krisengebiet« Detroit City
Der neue Großkunde Dick’s bedeutet für Detroit Bikes auch die Schaffung weiterer Arbeitsplätze. Um die neuen Aufträge in Angriff zu nehmen, hat der Fahrradproduzent erst kürzlich sieben lokale Mitarbeiter angestellt: »Wir gehen davon aus, dass wir in ein oder zwei Jahren bis zu 50 neue Mitarbeiter für diesen Dick’s-Auftrag eingestellt haben werden.«
Zur Finanzierung der ersten Aufträge arbeitete Detroit Bikes mit dem Detroit Development Fund zusammen. Zudem sicherte man sich laut Eigenangaben auch »die private Finanzierung durch einen britischen Investor mit starken Wurzeln in Michigan«.
Mehr zu Detroit Bikes und seiner mittlerweile laut Eigenangaben »größten Fahrradfabrik der USA« unter www.detroitbikes.com.
Text: Jo Beckendorff, Fotos: Detroit Bikes