Am ersten »Industry Day« der Velo-City Global Konferenz 2016 in Taipeh (27.2.-1.3.) ging es auf der morgendlichen Plenarversammlung um »Bikenomics: The impact of cycling«. Welchen Einfluss hat Radfahren auf Industrie, Handel, Geschäft, Gesundheit und Infrastruktur? Oder anders ausgedrückt: Wie kann Radfahren die Wirtschaft retten? Auf der Bühne saßen und sprachen Taiwans stellvertretender Minister für auswärtige Angelegenheiten Shih-chao Cho (Bild links), Pon Bicycle Group (PCG) Direktor Armin Landgraf (Bildmitte) und der britische Urban-Mobility-Experte Mark Major (Bild rechts).
Gleich zu Beginn machte Urban-Mobility-Berater Mark Major klar, dass Städte geradezu prädestiniert für Zugänglichkeit seien – »Zugang zu Menschen, Waren und Services«. Ein gut funktionierendes Transport-System sei nicht nur „eine andere Art urbaner Infrastruktur«. Das habe auch die Politik verstanden. Nun sollte man sich mehr auf »die Massenkommunikation« konzentrieren. Schließlich ginge es um Kapazitäten, Platz und Kosten: »Der richtige Zugang ist kostbar. Letztendlich geht es um Lage, Lage und noch einmal Lage.« Und somit eben auch um Zugang, Zugang und noch einmal Zugang.
PCG-Chef Armin Landgraf erklärte zuallererst, warum sein der Autoindustrie zugewandtes Unternehmen in das Thema Fahrrad (BBB Cycling, Cervélo, Derby Cycle, Gazelle, Santa Cruz Bicycles) investiert: »Wir setzen generell auf Mobilität.« Für das Thema Fahrrad würden bei seinem Unternehmen fünf Gründe sprechen: Nachhaltigkeit, Urbanisierung, Gesundheit/Alterung und Elektrisierung. Für die steigenden Fahrradambitionen habe man sich drei Ziele gesetzt: »Für alle Zielsegmente führende Produkte zu schaffen, für jede Community die ultimative Marke anzubieten sowie für jeden Touch-Point ein besonderes Erlebnis anbieten zu können – »sei es bei der Erreichbarkeit eines Mietrads oder wie man Anschluss findet«. Insgesamt sehe man für das Thema Fahrrad eine große Zukunft.
Letztendlich verwies Taiwans stellvertretender Minister für auswärtige Angelegenheiten Shih-chao Cho nicht ohne Stolz auf das Fahrradgeschäft seines Landes, dass sich über die Jahre erfolgreich von einer reinen Fahrrad-Auftragsproduktion (OEM) zu einer auch das Design aufgreifenden Fahrrad-Produktion (ODM) zu einem eigenen Markenproduzenten (OBM) und seit 2014 zu einem OCM-Produzenten (OCM = »Order Change Management« = Änderungsdienst für Fertigungsaufträge) entwickelt hat.
Dass sich Taiwan von einer reinen Fahrrad-Produktions- zu einer Fahrrad-Nation entwickelt habe, liege auch an den von der Regierung getroffenen Maßnahmen. In diesem Zusammenhang verwies Cho nicht nur auf das innerhalb kürzester Zeit angelegte 5.312 Kilometer Radwege-Netz seines Landes, sondern auch auf andere von der Regierung unterstützen Fahrrad-Maßnahmen wie zum Beispiel das heimische und von Taiwans führenden Fahrradproduzenten Giant kreierte Mietradsystem Youbike. Das steht – nach erfolgreichem Projektlauf in Taiwans Metropole Taipeh jetzt auch in sechs weiteren Formosa-Städten aufgebaut – auch schon kurz vor dem Sprung ins Ausland.
Text/Foto: Jo Beckendorff