2010 und 2011 berichtete der RadMarkt über den deutsch-amerikanischen Branchenveteran Karl Heinz Schaette. Damals (2010) feierte sein Unternehmen KHS Bicycle Parts (nicht zu verwechseln mit KHS Bicycles aus Taiwan!) sein 40-jähriges Jubiläum mit 30 Jahren in Olney/Illinois mit eigenem Lager. 2011 folgte dann eine Meldung zum 80. Geburtstag des Firmengründers und -Vorstands. Nun ist Karl Heinz Schaette am 3. Januar – kurz vor seinem 89. Geburtstag am 11. Januar – nach längerer Krankheit verstorben.
Warum wir in einem deutschen Fahrrad-Fachhandelmagazin über diesen US-amerikanischen Anbieter schreiben? Weil es hier um eine echt deutsche-amerikanische Fahrrad-Familiengeschichte geht.
Aber von vorne: Karl Heinrich Stroewer – Vater von Karl Heinz Schaettes Frau Erika – arbeitete 41 Jahre bei Anbieter Union Fröndenberg (und zwar von 1916 bis 1957). Anders als Karl Heinrich Stroewer, der dort zu einer Zeit als Controller arbeitete, als es diesen Begriff noch gar nicht gab, fing sein Schwiegersohn Karl Heinz Schaette 1951 in der Exportabteilung von Union Fröndenberg (die Marke Union gehört heute zur Marwi Group) an. Dort kümmerte er sich vor allem um Kundschaft aus den USA und Kanada. 1970 gründete er sein eigenes und mit seinen Initialen versehenes Unternehmen KHS Bicycle Parts in New York. 1975 überredete er Union Fröndenberg, zur Kostenersparnis eine eigene Produktion in Nordamerika aufzuziehen. Die Bremsenmarke Weinmann gesellte sich dazu. Zu dieser Zeit befand sich das KHS-Verkaufsbüro bereits in Houston/Texas.
Die letztendliche Standort-Wahl mit eigener Produktion fiel dann auf Olney/Illinois. Vier Jahre später – als dort die Produktion startete – folgte KHS Bicycle Parts. »Ohne meinen Vater wäre Olney/Illinois nicht zur ersten Branchenadresse deutscher Fahrradmarken geworden«, erklärte einmal Sohn und KHS-Geschäftsführer Thorsten »Thor« Schaette dem RadMarkt-Redakteur auf der US-Messe Interbike. Thor vertritt die dritte Generation der Familie Stroewer-Schaette in der Fahrradbranche. Noch heute erzählt er gerne über seine eigenen Lehrjahre beim deutschen Fahrrad-Anbieter Schauff.
Fakt ist: KHS Bicycle Parts machte nicht nur Union Fröndenberg- und Weinmann-Produkte in Nordamerika bekannt, sondern über die Jahre auch viele weitere Marken – unter anderem Esge, Eldi, Magura, Reich, SKS etc.pp. Selbst Marken, die heute nicht mehr von KHS Bicycle Parts, sondern von anderen Importeuren oder in Eigenregie geführt werden, sind oftmals weiterhin und aus der (Schaette-)Geschichte heraus in Olney/Illinois verortet. KHS Bicycle Parts selbst lenkt heute laut Firmen-Webseite (www.khsbicycleparts.com) Esjot, Pletscher, Reich, Sapim und Union.
Welche Rolle Firmengründer Karl Heinz Schaette bis zuletzt spielte? Laut Sohn Thor war der Branchenveteran bis zu seine späten 70ern täglich und pünktlich mit dem Fahrrad im Büro: »Selbst, als es mit dem Fahrrad nicht mehr ging, schaute er lange immer noch einmal am Tag im Büro vorbei. Das tat er lieber als irgendwo Angeln zu gehen oder auf seiner Veranda herum zu sitzen.« Als ihm damals von seinem Doktor gesteckt wurde, lieber nicht mehr mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, nahm er das Auto. Ganz vom Radfahren konnte er allerdings nicht lassen – zu Hause wartete ein Hometrainer.
Schon jetzt vermisst das KHS-Team laut Thor der Antrieb des nun verstorbenen Vaters, »seine Kundschaft richtig zu bedienen, sein starker Glaube an Gott und das er dies mit jedem teilt sowie seine nie endende Sorge um meine Mutter«. Und: »Auch wenn es nur ein paar Speichen waren – mein Vater freute sich über jede Bestellung, mit der er einen Fachhändler helfen konnte. Wir von KHS Bicycle Parts werden hart daran arbeiten, seinen Unternehmens-Spirit aufrecht zu erhalten.«
Im Namen der Branche spricht der RadMarkt Firmenseniorin Erika Schaette und ihrem Sohn Thorsten sowie der ganzen Familie, die wie keine andere Fahrrad-Teilemarken aus dem deutschsprachigen Raum in Nordamerika einführte und bekannt machte, sein Beileid aus.
Text: Jo Beckendorff, Foto: KHS Bicycle Parts