VSF: Podiumsdiskussion zum Stiwa-Pedelec-Test
Dr. Holger Brackemann (l.) von der Stiftung Warentest, und Dietrich Sudikatis, Geschäftsführer Radgeber Linden, bei der Podiumsdiskussion des VSF.

Manchmal erwartet man wenig und bekommt mehr. Der Verbund Service und Fahrrad (VSF) hatte für seine Mitgliederversammlung eine Podiumsdiskussion zum Elektroradtest der Stiftung Warentest angesetzt. Wer geglaubt hatte, an diesem 25. November 2013 würden in Bad Boll nur die bekannten Argumente ausgetauscht, wurde angenehm überrascht. In Berlin ist man möglicherweise bereit, sich beim Testdesign zu bewegen – und darüber einen echten Dialog zu führen

Natürlich beinhaltete die Diskussion auch den Schlagabtausch, der an die Pressekonferenz der Industrie und die Antwort der Stiftung darauf erinnerte (der RadMarkt berichtete). Biketec-Chef Kurt Schär musste natürlich die Gelegenheit nutzen, den nicht wenigen Flyer-Händlern im Raum zuzusichern, dass an den von der Stiftung Warentest behaupteten Mängeln am Rahmen des Flyer-Tiefeinsteigers nichts dran sei, was man durch eigene Nachtests intensiv geprüft habe, und der Rahmen werde nicht geändert. Er führte den Rahmenbruch auf den Einspannungsfehler zurück, worin ihm der Prüfer Dirk Zedler assistierte, der ätzte, die bei der Stiftung Warentest verwendete methodisch falsche Festeinspannung des Hinterbaus sei nun mal vom Lehrling zu bewerkstelligen, während für die korrekte bewegliche Einspannung des Hinterbaus eine aufwendige Konstruktion vonnöten sei, die nur fähige Ingenieure beherrschten.
Derlei knifflige Situationen hatte Dr. Holger Brackemann häufiger zu überstehen, der für diese Produkttests bei der Stiftung Warentest verantwortlich ist und die Einladung zur kontroversen Diskussion angenommen hatte. Als er beispielsweise den Aufbau der Rahmenprüfung damit verteidigen wollte, dass alle anderen Rahmen nicht gebrochen seien, musste er sich von Zedler anhören, das sei aus Ingenieurssicht ein schwaches Argument, ja es sei sogar theoretisch denkbar, dass einige der erfolgreich getesteten Rahmen bei einem korrekten Testaufbau versagen würden. Es konnte Dr. Brackemann auch nicht gefallen, dass VSF-Geschäftsführer Albert Herresthal ihm vorwarf, „nachweislich falscheTestergebnissemit dem Dünkel der Unfehlbarkeitzu verbreiten und die Richtigstellung nur im Kleingedruckten vorzunehmenBeispiel Störung des Polizeifunk.
Das alles hätte den obersten Warentester noch nicht ins Wanken gebracht; kontroverse Methodendiskussionen sind sein täglich Brot. Was ihm wirklich Sorgenfalten auf die Stirn trieb, war die Konfrontation seiner Testresultate mit der Wirklichkeit auf der Straße, in den Werkstätten und den Reklamationsabteilungen. Die pure Behauptung Kurt Schärs, nicht ein einziger dieser angeblich so bruchgefährdeten Rahmen sei bisher beanstandet worden, wäre im Zweifelsfall noch als interessengesteuerte, nicht nachprüfbare Behauptung abgetan gewesen. Doch am gesammelten Urteil des Plenums konnte Dr. Brackemann nicht vorbeigehen: Die Händler sitzen bei berechtigten Reklamationen nicht mehr im gleichen Boot wie ihr Lieferant; VSF-Händler informieren die Gemeinde über eine interne Informationsplattform über ihre Erfahrungen, so dass bald klar wird, was ein Einzelfall ist und was nicht; und viele VSF-Betriebe führen Flyer. Das unwidersprochene Fazit: Die Flyer-Rahmenbrüche gibt es nicht.

Der nächste Test kommt bestimmt

Die praktischen Konsequenzen aus diesem Dialog werden zeitnah zu besichtigen sein. Denn die Fachbeiratssitzung am 11. Dezember 2013 ist keine unverbindliche Plauderrunde bei Tee und Weihnachtsgebäck, sondern dient der Vorbereitung auf einen neuerlichen Pedelec-Test im Frühjahr 2014. Die ersten Fahrradhersteller haben deshalb schon Voranfragen erhalten und wissen daher, welche ihrer Modelle getestet werden sollen. Wenn sich bei diesem Test die gröbsten Unzulänglichkeiten des letzten Tests vermeiden ließen, wäre schon viel gewonnen. Die Stiftung Warentest scheint jedenfalls in dem Kriterium Dialogbereitschaft bereit zu sein, künftig über die Mindestanforderungen hinauszugehen.
Die ausführliche Berichterstattung zu dieser Podiumsdiskussion finden Sie in der nächsten Ausgabe des RadMarkt.
Text/Fotos: Michael Bollschweiler
 

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