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Wal-Mart wirft nach acht verlustreichen Jahren in Deutschland das Handtuch

Eine vollkommen neue Erfahrung für den weltgrößten Einzelhändler der Welt: Nach acht verlustreichen Jahren in Deutschland, mehreren verschlissenen Geschäftsführern und keiner Aussicht auf Besserung will Wal-Mart, der nebenbei zumindest in der Heimat USA auch als mengenmäßig größter Fahrradverkäufer gilt, jetzt sein hiesiges Geschäft an die Metro Group verkaufen. Wenn das Kartellamt zustimmt, werden alle 85 deutschen Wal-Mart-Outlets künftig in die Metro-Vertriebslinie Real integriert.

Die Düsseldorfer Metro-Gruppe will mit der Übernahme die Marktposition ihrer schwächelnden Vertriebslinie Real stärken. „Durch die Akquisition runden wir unser Standort-Portfolio ab und erhöhen unsere Schlagkraft auf dem deutschen Markt“, sagte Dr. Hans-Joachim Körber, Vorstandsvorsitzender der Metro AG. Durch den Ausbau der Marktpräsenz würde man signifikante Synergieeffekte erzielen: „Zugleich bekennen wir uns damit ausdrücklich zur Zukunftsfähigkeit des SB-Warenhauses als leistungsfähiges Handelsformat.“

Durch den Kauf der Handelsketten Wertkauf und Interspar hatte Wal-Mart 1997 und 1998 den deutschen Markt mit großen Plänen betreten. Mit gutem Service, freundlichen Mitarbeitern und niedrigen Preisen wollte man wie in allen mittlerweile 14 Wal-Mart-Ländern auch den dort etablierten Anbietern Marktanteile abnehmen. Während diese Rechnung in allen anderen Ländern bisher aufgegangen ist, war die harte Nuß Deutschland für den US-Anbieter einfach nicht zu knacken. Mißerfolge sind dem US-Konzern bisher fremd. Allerdings sind auch die Marktbedingungen des deutschen Marktes nicht mit denen anderer Länder zu vergleichen. Nicht nur Wal-Mart ist am hiesigen Markt mit seinen dort etablierten Discount-Märkten wie eben Metro Group, aber auch Aldi oder Lidl, gescheitert. Bereits im Mai hatte der französische Mitbewerber Intermarché seine deutschen ausschließlich verlusteinfahrenden Töchter Netto und Spar verkauft.

Über die Höhe der von Wal-Mart eingefahrenen Verluste in Deutschland kann nur spekuliert werden. Nur so viel: Der Jahresumsatz 2005 hat bei rund 2 Milliarden Euro gelegen. Laut einer Pressemitteilung der Wal-Mart-Zentrale in Bentonville/Arkansas würde man für das Abenteuer Deutschland im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2007 einen Betrag von 1 Milliarden US$ abschreiben.

Hier noch einmal ein kurzer Blick auf den führenden Einzelhandels-Riesen der Welt: Der Jahresumsatz 2005 hat bei knapp 29 Milliarden US$ gelegen und der Nettogewinn bei über 10 Milliarden US$. Weltweit beschäftigt der Marktführer ca. 1,8 Millionen Mitarbeiter und lenkt weltweit mehr als 1.600 Outlets.

Über den von Metro für die 58 Outlets – inklusive 19 Standorten mit Grundstück-Besitz – gezahlten Preis herrscht Stillschweigen. Metro Group gab lediglich bekannt, daß die Transaktion „2006 zu einem Einmalertrag für die Metro Group führen“ werde und „in der Umsatz- und Ergebnisprognose des Unternehmens für 2006 nicht enthalten“ sein werde. Branchenkenner gehen jedoch davon aus, daß Metro Group das deutsche WalMart-Geschäft – wenn das Kartellamt zustimmt, wovon aber auszugehen ist – zu einem Schnäppchenpreis erhält.

Während der deutsche Einzelhandel und somit auch der Fahrrad-Fachhandel über das Aus des äußerst preisaggressiven US-Branchenriesen jubeln wird, müssen einige Wal-Mart-Filialen und ihre insgesamt 11.000 Mitarbeiter bangen. Es ist davon auszugehen, daß einige Filialen von Metro geschlossen werden und somit Arbeitsplätze verloren gehen.

Metros SB-Warenhaus- und Verbrauchermarkt-Kette Real ist derzeit in der Heimat mit 550 teils auch Fahrradprodukt-verkaufenden Outlets im Markt. Das internationale Real-Geschäft wird von der Mutter Metro in jüngster Zeit gezielt von Metro ausgebaut. Erst kürzlich wurde bekannt, daß Real die polnischen Märkte der französischen Hypermarkt-Kette Géant übernehmen wird.

– Jo Beckendorff –

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