Auf seiner diesjährigen virtuellen Generalversammlung am 21. Oktober erörterte der erst 2017 mit Sitz in der Schweiz gegründete Fahrrad-Industrieverband World Bicycle Industry Association (WBIA) zahlreiche Branchen- und Marktentwicklungen auf globaler Ebene. Dabei wurde auch bekannt gegeben, dass ein allererster alles umfassender WBIA Global Market Report bald veröffentlicht wird.
Neben dem Dach der nationalen europäischen Fahrrad- und Fahrradteile-Landesverbände CONEBI gehören der japanische Fahrradverband Bicycle Association Japan (BAJ), der All India Cycle Manufacturers Association (AICMA), der US-amerikanische Lobbyverband People For Bikes, der Verband der Fahrrad- und Motorradindustrie Russlands (NADBM), der Industrieverband Mexikos (ANAFABI) und der taiwanische Fahrradverband Taiwan Bicycle Association (TBA) der WBIA an. Gemeinsam will man der globalen Fahrradindustrie eine Stimme geben.
Nach Rekordjahren Wachstumsabkühlung in 2023?
In diesem Jahr tauschten sich die Delegierten der Generalversammlung wiederum über die globalen Marktentwicklungen aus und gaben aktuelle Informationen aus ihren jeweiligen Ländern.
Nach einem durch die Covid-bedingten Lieferstopps angeheizten Rekordjahr 2020 setzte die globale Fahrradindustrie ihr Wachstum 2021 fort. Die Unterbrechungen in der Lieferkette, die im vergangenen Jahr die Diskussion beherrschten, sind nach wie vor ein Thema. Allerdings gelang es den meisten Herstellern, »ihre Lagerbestände im Zuge des durch die außerordentliche Verbrauchernachfrage genährten Optimismus« wieder aufzufüllen. Gleichzeitig ist für das kommende Jahr eine gewisse Marktbereinigung zu erwarten. Die wird wohl mit einer Abkühlung des Wachstums einhergehen.
Trotzdem schaut WBIA-Präsident Erhard Büchel positiv in die Zukunft: »Wir wissen, dass das nächste Jahr für die Fahrradindustrie angesichts der Energiekrise und der schwierigen geopolitischen Lage schwierig werden könnte. Wir sehen jedoch ein enormes Interesse am Radfahren – und das wird nicht verschwinden. Ich bin daher sehr optimistisch, was die Aussichten der Fahrradindustrie angeht.«
Lobbyarbeit auf höchster Ebene
Insgesamt war das WBIA-Jahr bei den Vereinten Nationen so arbeitsreich wie immer. Nach der Verabschiedung des ersten paneuropäischen Masterplans zur Förderung des Radverkehrs wurde unter aktiver Beteiligung des Weltverbandes eine neue Expertengruppe für Radverkehrs-Infrastruktur gebildet. Die Expertengruppe der Vereinten Nationen arbeitet unter anderem an der Harmonisierung von Schildern und Signalen für Radfahrer und der Radverkehrs-Infrastruktur in der ganzen Welt sowie an der Verbesserung von Definitionen und Standards im Zusammenhang mit dem Radverkehr.
Darüber hinaus beteiligte sich der WBIA weiterhin an den Diskussionen über neue Vorschriften und Regulierungsvorschläge im Zusammenhang mit der automatisierten und vernetzten Fahrzeugkommunikation mit besonderem Schwerpunkt auf der Sicherheit von VRU (steht für »vulnerable road users« sprich gefährdete Verkehrsteilnehmer). Die Weiterentwicklung von automatischen Notbrems-, Informations- und Toter-Winkel-Informationssystemen für Pkw und Lkw hat das Potenzial, einen großen Beitrag zur Sicherheit von Radfahrern in aller Welt zu leisten und wird ständig verbessert.
»Die Fahrradindustrie entwickelt sich dynamisch – und es ist so wichtig wie eh und je, nach globalen rechtlichen Lösungen zu suchen. Es ist gut zu wissen, dass der WBIA bei den Vereinten Nationen mit am Tisch sitzt, unsere Stimme vertritt und dafür sorgt, dass die künftigen Vorschriften das weitere Wachstum der Branche fördern«, betonte NADBM-Vorstand Iliya Semenov.
Wichtig ist, dass die Gespräche darüber fortgesetzt werden, wie das Aufkommen neuer persönlicher Mobilitätsprodukte wie E-Step-Scooter innerhalb des UN-Regelungsrahmens behandelt werden kann. »Die WBIA wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Fahrräder klar von solchen Geräten unterschieden werden, und gleichzeitig die Entwicklung zukunftssicherer Regeln unterstützen, die ihrer wachsenden Präsenz auf den Straßen Rechnung tragen«, heißt es dazu in einer WBIA-Generalversammlungs-Meldung.
Zukunftsmusik
Es gab auch einen ausführlichen Austausch über die Zukunft der Mobilität, wobei internationale Experten die entscheidende Rolle des Fahrrads bei der Erreichung der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung hervorhoben. Auch hier soll das Fachwissen des WBIA eine wesentliche Rolle spielen.
Neu und schon bald zu haben: WBIA Global Market Report
Eine der wichtigsten Neuerungen der WBIA-Aktivitäten wird allerdings der der allererste WBIA Global Market Report sein. Der soll sämtliche Marktinformationen aus den wichtigsten Märkten beinhalten. Der Bericht für 2022 mit Daten für 2021 befindet sich in der Endphase der Vorbereitung und wird in den kommenden Wochen veröffentlicht. Künftig soll dieser Bericht jährlich erscheinen und einen umfassenden Überblick über die Entwicklungen auf dem globalen Fahrradmarkt geben.
Letztendlich einigten sich die Delegierten darauf, die nächste WBIA-Generalversammlung »Face to Face« auf der Eurobike 2023 in Frankfurt abzuhalten. Dazu TBA-Generalsekretärin Gina Chang: »Nach den zwei langen Lockdown-Jahren ist es an der Zeit, dass wir uns austauschen und die Arbeit des Verbandes gemeinsam feiern.«
Text: Jo Beckendorff/WBIA