Kaum sind die Ergebnisse des aktuellen E-Bike-Tests der Stiftung Warentest bekannt, regt sich der Widerspruch bei den Herstellern, die von nicht so guten Bewertungen (4,0) betroffen sind. Derby Cycle und Stevens können die Ergebnisse nicht nachvollziehen. Auch der ZIV hat sich kritisch zu den Prüfmethoden geäußert…
Mit dem Kalkhoff Agattu Impulse 8R HS und dem Raleigh Dover Impulse 8R HS hatte Derby Cycle gleich zwei E-Bikes im Test. Während von den Testern beim Kalkhoff ein Bruch im Bereich der Sattelstützenklemmung festgestellt wurde, war es beim Raleigh E-Bike ein Anriss der Sattelstütze am Außenrohr. Diese Beanstandungen führt Derby Cycle auf nicht praxis- und normgerechte Testaufbauten zurück, die Testergebnisse stimmten in keiner Weise mit den eigenen langjährigen Markterfahrungen sowie den Ergebnissen eigener Tests und den von unabhängigen Prüfinstituten überein. »Zudem hat die Stiftung Warentest beide Räder mit identischen Rahmen und Sattelstützen bereits im vergangenen Jahr ohne Beanstandungen getestet«, so Thomas Raith, Geschäftsführer der Derby Cycle Holding GmbH und kündigt an: »Da wir von der Qualität unserer E-Bikes restlos überzeugt sind, werden wir für alle 2014 Modelle von Raleigh und Kalkhoff ab sofort eine 10 Jahres Garantie auf den Rahmen geben.«
Wie Derby Cycle mitteilt, wären die vorab eingeforderten Informationen zu Nachprüfungen und Testverfahren abgelehnt worden und daher seien die Testergebnisse für Derby Cycle nicht reproduzierbar gewesen. Selbst in Auftrag gegebene Nachtests bei unterschiedlichen unabhängigen Prüfinstituten hätten keine Beanstandungen ergeben. »Deshalb gehen wir von nicht repräsentativen und nicht praxisgerechten Einzeltests aus. Dafür spricht auch, dass die Stiftung Warentest die gefederte Sattelstütze des Raleigh E-Bikes für ihren Belastungstest blockiert hat und damit ihre Kernfunktion, das Abfedern von Belastungsspitzen für Mensch und Material, außer Kraft gesetzt hat. Wir erwarten in diesem Fall, aber auch zukünftig, eine transparente Zusammenarbeit im Sinne des Herstellers, aber auch des Verbrauchers. Die Darstellung derartig verzerrter Ergebnisse kommt u. E. einer Verbrauchertäuschung gleich. Wir behalten uns juristische Schritte gegenüber der Stiftung Warentest vor«, kritisiert Thomas Raith das Kommunikationsverhalten der Stiftung Warentest.
Stevens zieht andere Schlüsse
Der Hamburger Fahrradhersteller Stevens war mit dem Modell E-Cito im Pedelec Test der Stiftung Warentest dabei. Zur generellen Abwertung führte hier eine gebrochene Akkuhalterung bei einer Rüttelprüfung, wodurch der Akku laut Test herausgefallen sei. Die Tester sahen hier eine Gefahr für Brände, weshalb der Akku ausgetauscht werden müsse. Stevens hat sich hierzu den Antriebslieferanten Bosch Ebike Systems befragt, der versichert: »Die Schlussfolgerung der Stiftung Warentest, dass von einem heruntergefallenen und intakten Akku eine Gefahr ausgeht, ist falsch. Bosch-Akkus werden in der Erprobung entsprechenden Falltests unterzogen. Testgrundlage ist die Norm EN62133, die auch von der Stiftung Warentest herangezogen wird. In dieser Prüfung fällt der vollgeladene Akku drei Mal aus 1 Meter Höhe auf Beton. Die Norm fordert, dass es zu keinen Bränden oder Explosionen kommt. Bosch-Akkus erfüllen diese Norm und werden zusätzlich auf mechanische Beschädigungen, gequetschte Zellen und beschädigte Kabel sowie auf Funktionalität nach den Falltests überprüft. Weist ein Akku keine äußeren Anzeichen einer Beschädigung auf, kann er bedenkenlos weiter verwendet werden.«
Käme es zu einem Bruch der Bosch Akku-Halterung bei einem Stevens E-Cito bei vorschriftsgemäßen Gebrauch, handele es sich um einen Gewährleistungsfall, der keine Kosten für die Kunden entstehen ließen, stellt Stevens klar. Außerdem ist man bei Stevens sehr interessiert daran, den Grund für den entstandenen Schaden herauszufinden. »Auch, weil baugleiche Bosch-Akkuhalterungen anderer Hersteller nicht beanstandet wurden«, erläutert der Fahrradhersteller.
Schaden für die Branche
Sowohl Stevens als auch Derby Cycle sind von der Qualität und Sicherheit ihrer Produkte überzeugt und können die Bewertung durch die Stiftung Warentest zu diesem Zeitpunkt nicht nachvollziehen. Derby Cycle wirft der Stiftung Warentest intransparentes, nicht kooperative Kommunikationsverhalten in Bezug auf das Testverfahren vor. Der Hersteller in Cloppenburg befürchtet negative Auswirkungen für die E-Bike-Branche und –Händler: »Die Veröffentlichung derartiger nicht nachvollziehbarer Testergebnisse im Vorfeld von wichtigen Fahrradmessen in Deutschland kann das Verbrauchervertrauen in E-Bikes schmälern und für einen wirtschaftlichen Schaden sorgen.«
Derby Cycle hat alle relevanten Prüfinformationen, Prüfberichte und Zertifikate, die die Sicherheit des Rahmens und der Sattelstütze belegen, unter http://www.derby-cycle.com/de/presse/pressemitteilungen-corporate/einzelansicht/view/derby-cycle.html bereitgestellt.
ZIV hinterfragt Prüfmethoden
Der E-Bike-Test der Stiftung Warentest hat auch den Zweirad-Industrie Verband (ZIV) zu einer Stellungnahme veranlasst. Darin begrüßt der Verband, »dass im aktuellen Test praxisnäher getestet wurde als im Vorjahr«, hinterfragt allerdings auch kritisch die Prüfmethoden.
»Die Weiterentwicklung der Prüfkriterien seitens der Stiftung Warentest geht in die richtige Richtung, denn somit wird die Realität wesentlich deutlicher abgebildet. Dennoch gibt es immer noch Punkte, bei denen die Prüfkriterien hinterfragt werden müssen, zum Beispiel bei der Fahrstabilität und der Prüfung der Sattelstützen«, so ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger.
Umfangreiche Tests beziehungsweise Nachtests der ZIV-Mitgliedsunternehmen hätten unter anderem. gezeigt, dass E-Bikes auch im voll beladenen Zustand beherrschbar seien.
Die von der Stiftung Warentest kritisierten Schwächen bei der Fahrstabilität könnten auftreten, wenn das E-Bike freihändig gefahren wird und eine zusätzliche Anregung des Lenkers erfolgt. »Freihändiges Fahren« sei jedoch durch den Gesetzgeber verboten (§ 23 StVO). Die von der Stiftung Warentest veröffentlichten Ergebnisse ließen aus Sicht des ZIV den Schluss zu, dass die angewendeten Prüfmethoden nicht der realen Nutzung entsprechen.