Die gestrige Entscheidung des Bundesgerichtshofes, die einer Radfahrerin keine Mitschuld an den Folgen ihres Unfalls bestätigt, hat vielerorts Zustimmung gefunden. Auch der Zweirad-Industrie-Verband begrüßt das Urteil…
»Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) setzt sich seit vielen Jahren aktiv und nachhaltig für das freiwillige Tragen von Fahrradhelmen ein, denn ein Fahrradhelm kann Unfallfolgen deutlich reduzieren. Im konkreten Fall jedoch wäre es absurd gewesen, dass auf das Opfer des Unfalls plötzlich die Unfallfolgen abgewälzt werden. Daher begrüßen wir seitens des ZIV das BGH Urteil«, so Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verband e. V.
In der Urteilsbegründung heißt es : »Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens. Für Radfahrer ist das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben. Zwar kann einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich ein Mitverschulden anzulasten sein, wenn er diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Dies wäre hier zu bejahen, wenn das Tragen von Schutzhelmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen wäre. Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben. So trugen nach repräsentativen Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr 2011 innerorts nur elf Prozent der Fahrradfahrer einen Schutzhelm. Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, war nicht zu entscheiden.«
Wie ein Urteil in Zukunft aussehen wird, wenn sich das »allgemeine Verkehrsbewusstsein« in Bezug auf das Tragen eines Schutzhelmes geändert hat, ist jetzt nicht klar zu sagen, doch hat das Gericht hier schon angedeutet, dass die Sachlage dann neu bewertet werden müsste.