Der Zweiradindustrieverband hat versichert, dass die von der Stiftung Warentest kritisierten Kinderräder dennoch sicher und stabil sind. Untersuchungen der Hersteller haben ergeben, dass nicht die Fahrräder, sondern die Testmethoden fehlerhaft sind.
Dies ist die Botschaft der Industrie an den Fachhandel. Der Fachhandel soll durch die nachstehenden Argumente in die Lage versetzt werden, den Endverbraucher aufzuklären. Zwei zentrale Kritikpunkte schälen sich heraus: Die Testmethode sei ungeeignet und die Belastungen unrealistisch hoch.
Während die Fahrradindustrie ganz klar den Trommelprüfstand präferiert, wendet das von der Stiftung Warentest beauftragte Institut (Professor Füglein, Schweinfurt) die Hydropulser-Methode an. Die Hersteller bezweifeln die Aussagekraft dieser Methode. In einem Experten-Gespräch zwischen Vertretern der StiWa und des ZIV sei Professor Füglein der einzige gewesen, der trotz Kritik der übrigen Experten daran festgehalten habe, sagte der Technik-Geschäftsführer des Zweirad-Industrieverbandes, Siegfried Neuberger. Ein Beispiel für die Detailkritik: Beim Hydropulser-Test wird der Rahmen am Unterrohr unterhalb des Steuerkopfs eingespannt. Neuberger: »Das kann man nicht machen.«
Die Stiftung Warentest sei sich ihrer Sache aber selber nicht sicher gewesen, so die Interpretation der Industrie, weil sie zusätzlich einen Test auf dem Trommelprüfstand durchgeführt habe. Dabei habe sie aber mit Belastungen gearbeitet, die jenseits jeglicher Realität lägen. So seien die Räder mit einer Masse von 105 Kilogramm belastet gewesen. Da die Stiwa aber selbst angab, von einer maximalen Körpergröße der Fahrer von 1,38 Metern auszugehen, sei es kaum vorstellbar, dass Kinder dieses Gewicht auch nur annähernd erreichten. Die DIN sieht übrigens eine Last von 75 Kilogramm vor.
Hinzu komme, dass »test« auch die Laufleistung des Tests überdimensioniert habe. Zwar gaben die Tester an, auf dem Prüfstand 6000 Kilometer simuliert zu haben, und argumentierte in stern TV, eine solche Laufleistung komme schon mal zusammen. Als die ZIV-Experten jedoch nachrechneten, kamen sie zu einem verblüffenden Ergebnis: Die Laufleistung des Teststands entspreche hochgerechnet nicht einer realen Laufleistung von 6.000, sondern von 40.000 Kilometern! Multipliziere man die Überdimensionierung der Belastung mit der der Laufleistung, so Ralf Puslat von Puky, »dann hat die Stiftung Warentest sich mit der Frage beschäftigt, ob Kinderräder 100 oder 200 Jahre halten müssen.«
Dem halten die Firmen Puky und Derby Cycle entgegen, dass sie für die getesteten Räder über Prüfzertifikate des TÜV bzw. der Landesgewerbeanstalt verfügen. Auch habe man aufgrund der beanstandeten Rahmenrisse sofort Nachtests durchgeführt, sogar mit 10 Millionen Lastwechseln, ohne negatives Ergebnis. Außerdem habe man aus dem Markt mit diesen Modellen nicht eine einzige Beanstandung des Rahmens.
Fazit von Puslat: »Das ist die Wirklichkeit, über die wir hier sprechen, und die das argumentative Rüstzeug für den Handel bedeutet: Jahrzehntelange Erfahrungen; eigene Tests nach strengen, aber realitätsbezogenen Kriterien; Prüfzertifikate unabhängiger Institute und keine Rahmenbruch-Reklamationen: Dies spricht eine deutliche Sprache.« Und Mathias Seidler zur anderen Seite: »Die Testkriterien der Stiftung Warentest sind nicht nachvollziehbar und, was den Hydropulser-Test betrifft, auch nicht transparent. Und weil sie sich ihrer Sache nicht sicher sind, haben sie auch die Modelle mit Rahmenriss nicht wie früher auf mangelhaft abgewertet, was in sich unlogisch ist.«