Der emeritierte Professor hat eine Mission: Karl Drais Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Bis 1918 gehörte es nach seinen Beobachtungen zum „guten Ton“, den Erfinder des Fahrrades herabzuwürdigen, ihn gar als gescheiterte Existenz hinzustellen. Lessing hat es sich zur Aufgabe gemacht, aufzuräumen mit Mythen und Unwahrheiten und die Lebensgeschichte dieses kreativen Erfinders nachzuzeichnen.
Lessing hat sich in den letzten Jahren auch intensiv mit Technikgeschichte befasst und diese in einem weiteren Buch festgehalten, das wir ebenfalls als Weihnachtsgeschenk empfehlen – vielleicht schaffen wir es diese Woche noch, jenes Werk detaillierter vorzustellen (Lessing/Hadland: Evolution des Fahrrads). Das wäre allemal rechtzeitig: Für Amazon können wir nicht garantieren, aber im stationären Buchhandel können Sie noch am Samstag abholen, was Sie am Freitag bestellen.
In diesem Werk „Wie Karl Drais das Fahrrad erfand“, geht es auch um Technik, vor allem aber um den Werdegang des Freiherrn, der sich aufgrund seiner demokratischen Einstellung „Bürger Drais“ nannte und ein wechselvolles Leben führte. Ein Einschnitt war es für ihn, als sein Vater als zuständiger Oberhofrichter die Begnadigung des Studenten Ludwig Sand verweigerte, der den Schriftsteller August Kotzebue ermordet hatte. Der Sohn wurde zur Zielscheibe der progressiven Kräfte in Deutschland.
Diese und zahlreiche andere spannende Wegmarken im Leben von Drais schildert Lessing so lebendig, als wäre er dabei gewesen. Man erfährt, wie Napoleons Adoptivtochter zu Drais stand, was den Erfinder nach Brasilien verschlug und was er außer der Laufmaschine noch erfand. Mit der Biographie entsteht vor dem geistigen Auge des Lesern ein Sittenbild der Epoche zwischen Napoleon und der Revolution 1848.
So sind dem Autor 180 ziemlich kurzweilige Seiten gelungen, die uns den Mann nahebringen, dem wir letztlich das goldene Fahrradzeitalter zu verdanken haben, das eben erst begonnen hat. Soviel Aufmerksamkeit hat der Bürger Drais verdient.
ISBN: 978-3-7650-8431-7