Im März trafen sich die Vertreter und Vertreterinnen der Fahrradbranche, Wissenschaft und Politik im niederländischen Normungsgremium in Delft, um eine gemeinsame europäische Lastenradnorm zu entwickeln. Der Arbeitsgruppe mit dem Kürzel CEN/TC 333/WG 9 gehören unter anderem an: Marco Brust (Geschäftsführer velotech.de), Anhängerhersteller NÜWiel, die Lastenrad-, Fahrrad- und Antriebsherstellern Riese und Müller, Urban Arrow, Accell, Shimano, Schaeffler, Bosch Ebike Systems und Mando sowie die Technischen Universität Hamburg-Harburg und der Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV).
Gemeinsam haben sie den Entwurf der neuen Norm EN17860 erarbeitet. Sie erfasst jetzt auch schwere Lastenräder und schwere Anhänger, welche bisher nicht hinreichend normiert waren. Jeweils gesondert erfasst werden Anhänger mit eigenem Elektromotor und eigener Bremse sowie einspurige Lastenräder mit jeweils bis 250 Kilogramm zulässigem Gesamtgewicht, mehrspurige Lastenräder mit bis zu 300 Kilogramm zulässigem Gesamtgewicht und schwere Lastenräder bis 650 Kilogramm.
EU-Lastenradnorm vereinfacht Export und Entwicklung
»Lastenräder haben sich stark entwickelt. Das gilt besonders für den Gütertransport«, erklärt Marco Brust. »Und hier ist eine EU-Norm hilfreich, um den europaweit existierenden Flickenteppich zu vereinheitlichen. Manche Fahrzeuge werden von Land zu Land unterschiedlich eingestuft, so wird etwa in den Niederlanden ein Höchstgewicht für Lastenräder von 75 Kilogramm diskutiert; in Frankreich gelten vierrädrige Fahrzeuge in manchen Regionen nicht als Fahrrad, und in Deutschland gelten wieder andere Regeln. Das hemmt den Handel und bringt auch rechtliche Probleme. Darum hilft die neue EU-Norm. Profitieren werden also zum einen die exportorientierten Hersteller, weil der Vertrieb in der Europäischen Union leichter wird. Zum anderen erleichtert die Norm die Entwicklung jedes Herstellers, weil die Vorgaben, was das Produkt leisten muss, klarer werden.«
Bisher wurden Lastenräder nach der zuletzt 2020 überarbeiteten Norm DIN 79010 geprüft, die vom Velotech.de-Gründer Ernst Brust seinerseits als Obmann erarbeitet wurde. Diese Norm wird von der neuen Norm abgelöst. Auch die alte Norm für City- und Trekkingräder, die 15194, wurde herangezogen, sei aber für Lastenräder aufgrund des stark gewachsenen Gewichts und der Sicherheitsaspekte beim Personentransport sowie den Seriellen Hybriden, also dem Fahrrad ohne Kette und ohne Zahnriemen, nicht mehr zeitgemäß.
Die erste Deutsche Lastenradnorm wurde vom Gründer des Prüfinstituts, Ernst Brust, als Obmann 2013 ins Leben gerufen. Damals war das Institut gerade nach ISO/IEC 17025 akkreditiert worden, als Grundlage für die Anerkennung von Prüfberichten durch Behörden.
Normen helfen Herstellern nachzuweisen, dass sie ein Produkt sorgfältig und gesetzeskonform entwickelt haben. Bei Lastenrädern müsse auch noch beachtet werden, ob das Rad gewerblich oder privat eingesetzt wird, da die Anforderungen an das Material sich stark unterscheiden. Ob eine Norm von einem Lastenrad eingehalten wird, prüft Velotech.de in seinem Prüflabor in Schweinfurt.