Die genannten Umstände und das schlechte Wetter haben bis Mitte Mai zu deutlich schwächeren Verkaufszahlen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres geführt: Für die ersten fünf Monate des Jahres 2023 geht der ZIV davon aus, dass in Deutschland 850.000 E-Bikes verkauft wurden. Das ist im Vergleich zum starken Vorjahreszeitraum ein Rückgang von 12 Prozent. Beim Fahrrad sind es 830.000 Stück und ein Rückgang von 20 Prozent. Mit dem anhaltenden Wetterumschwung hätten die Verkäufe ab Mitte Mai massiv zugelegt – auch der Juni sei bislang sehr stark gewesen, meldet der ZIV.
E-Bike-Exporte legen kräftig zu
Exportiert wurden im ersten Quartal des Jahres 2023 260.000 Fahrräder, 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, und 190.000 E-Bikes, 56 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Mit insgesamt 28 Prozent Zuwachs im Vergleich zum ersten Quartal 2022 stellen die Kunden außerhalb Deutschlands einen verlässlichen und weiter wachsenden Absatzmarkt für die deutschen Fahrrad- und Teileproduzenten, stellt der Verband fest. Der größte Teil der Exporte aus der deutschen Fahrrad- und E-Bike-Produktion ging in EU und EFTA-Länder (Anteil 2022 bei E-Bikes 98 Prozent, bei Fahrrädern 93 Prozent).
Importiert wurden im ersten Quartal 680.000 Fahrräder und 350.000 E-Bikes. Das ist eine Steigerung von 2,3 Prozent bzw. 12,7 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Insgesamt ist der Import im ersten Quartal um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Die Produktion von E-Bikes beziffert der ZIV für die ersten fünf Monate auf 1.050.000 Stück, das sind etwa fünf Prozent über Vorjahresniveau. Die Produktion von Fahrrädern kommt im gleichen Zeitraum auf 450.000, das sind etwa 10-15 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Absatzprognose: rund zwei Millionen E-Bikes
Beim Ausblick auf das Gesamtjahr tut sich der Verband dieses Jahr ungewohnt schwer, denn die Lage stellt sich uneinheitlich dar: »Wir sind mit den Unternehmen im engen Austausch, und wir sehen aktuell sehr heterogene Situationen, Verkaufszahlen und Erwartungen«, sagt Burkhard Stork. »Große Einigkeit gibt es darin, dass Qualität und Innovation ‚Made in Germany‘ vor allem im E-Bike-Markt ein stabil starker Treiber bleiben und der Fahrrad- und E-Bike-Markt sich mittel- und langfristig sehr gut entwickeln wird«, betont Stork. Trotzdem bleibe das laufende Jahr für die Fahrradbranche wohl eine Herausforderung. Die Absatz-Prognose für das gesamte Jahr 2023 lautet rund zwei Millionen E-Bikes. Das wären etwa zehn Prozent weniger als im Spitzenjahr 2022 mit 2,2 Millionen Stück.
Für die weitere Zukunft bewertet der Verband die Aussichten für das Fahrrad als gut, mit zwei Haupt-Herausforderungen: der Verfügbarkeit von Arbeitskräften und dem politischen Rückenwind.
Die Produktion von E-Bikes hat seit 2019 um 70 Prozent zugelegt, der Branchenumsatz hat sich von vier Milliarden Euro in 2019 auf 7,36 Milliarden Euro in 2022 annähernd verdoppelt. Wenn der Aufwärtstrend wieder Fahrt aufnehme, sei schon jetzt absehbar, dass sich damit das Problem der Arbeitskräftegewinnung massiv verschärfen werde.
Schon jetzt berichteten die Unternehmen der Fahrradbranche einhellig von deutlichen Schwierigkeiten über alle Qualifikationsebenen Arbeitskräfte zu gewinnen. Von der Politik erwarteten die Branche, und der Verband, der die gemeinsamen Anstrengungen koordiniere, nun Unterstützung und ein Gegensteuern.
Politische Unterstützung
Die Politik sieht der ZIV auch in Sachen Infrastruktur in der Pflicht. Sie müsse für die Radwege-Offensive des Bundes Verlässlichkeit schaffen, so Stork. Seit dem Bundeshaushalt 2020 läuft die größte Radwegebau-Offensive, die es in Deutschland je gab, die notwendigen Mittel sind langfristig bis 2028 gesichert. Der ZIV warnt ausdrücklich davor, in den derzeit laufenden Haushaltsverhandlungen daran Kürzungen vorzunehmen. »Tausende Kommunen in Deutschland haben sich auf den Weg gemacht, kräftig Radwege zu bauen und Radwegnetze zu entwickeln. Diese Prozesse sind nicht über Nacht zu erledigen. Diese Städte brauchen Verlässlichkeit und die klare Zusage, dass die Vorhaben, die jetzt angegangen werden, in einigen Jahren auch finanziert werden können. Investitionen in den Radverkehr haben einen hohen Nutzen und sind vergleichsweise günstig – es wäre also widersinnig, bei diesen Investitionen zu sparen«, erklärt Stork.