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Leva-EU kritisiert unterschiedliche Zollauslegung – siehe Qwic
Unter der Überschrift »Wie die EU-Handelsschutzmaßnahmen für E-Bikes EU-Unternehmen zerstören« wetterte der E-Leichtfahrzeug-Lobbyverband Leva-EU in seinem Newsletter vom 21. November unter anderem über die unterschiedliche Auslegung der Zolldienste in den EU-Mitgliedstaaten. Dieses unterschiedliche Vorgehen könne in der Spitze zu Zoll-Geldstrafen von bis zu 2.000 Prozent führen. Die kann man zwar vor Gericht anfechten, müssen aber zuerst einmal gezahlt werden. Dieser Tatbestand kann Unternehmen - »wie vor einigen Tagen geschehen« - in den Konkurs treiben. Hier verweist Leva-EU definitiv (ohne den Namen zu nennen) auf Qwic-Macher Hartmobile B.V.

Wie der RadMarkt bereits gemeldet hatte, musste Hartmobile am 17. November beim zuständigen Gericht in Amsterdam einen Zahlungsaufschub (sprich Gläubigerschutz) beantragen. Hintergrund: eine unerwartete Steuer-Rückzahlungsforderung in Höhe von 12 Millionen Euro.
Laut einer Meldung auf dem holländischen Konkursportal faillissementsdossier.nl habe alleine diese Forderung Qwic-Markeneigentümer Hartmobile dazu veranlasst, eine Insolvenz in Eigenverwaltung zu beantragen. Dabei geht es um noch zu zahlende Einfuhrsteuern für Teile, die zwischen 2018 und 2020 aus Taiwan importiert wurden.
Laut Hartmobile-Chef Taco Anema hat das Finanzamt den falschen höheren Steuersatz berechnet. Das Problem: für den Versuch, diese Forderung auf dem Rechtsweg vom Tisch zu bekommen, bleibt keine Zeit. Ein diesbezügliches Gerichtsverfahren kann sich über Jahre hinziehen. So würde die unerwartete Nachsteuerrechnung eine kurzfristige Refinanzierung des Unternehmens unmöglich machen. Der Konkurs in Eigenverwaltung sei »der einzige Weg nach vorne« gewesen. Trotz allem hofft der Anbieter auf einen schnellen Neustart.
Steuerbehörden schuldig?
Im Gegensatz zu Leva-EU geht faillissementsdossier.nl mit Hartmobile generell streng ins Gericht: »Unternehmer, die in Konkurs gehen, haben nie Schuld. Zumindest glauben sie das selbst. Schuld am Konkurs sind immer veränderte Marktbedingungen, ungeduldige Lieferanten, die Bank oder Investoren. Bei der dramatischen Pleite des beliebten niederländischen E-Bike-Herstellers Qwic wird den Steuerbehörden die Schuld gegeben.«
Eine der größten Ähnlichkeiten zwischen Politikern und Unternehmern sei der offensichtliche Mangel an Selbstreflexion. Unternehmer, die bankrott gehen, würden auf alles und jeden zeigen – »aber nur ausnahmsweise in die Richtung, in der der wahre Grund meist zu finden ist: den Spiegel.«
Ob diese Aussage auch auf die Qwic-Pleite zutrifft, kann faillissementsdossier.nl nicht belegen und »sei dahingestellt«. Nur so viel: »Tatsache ist, dass Geschäftsführer Taco Anema die Schuld schnell auf die Steuerbehörden schiebt«.
Was auf jeden Fall zutrifft: Während der Fahrrad- und E-Bike-Absatz in der Corona-Krise neue Höhen erklomm, brach die Nachfrage im Sommer 2022 zusammen. Gleichzeitig stiegen Material- und Transportkosten. Zudem verlängerten sich die Lieferzeiten. Da kommt die Nachzahlungs-Forderung seitens der Steuerbehörden an Hartmobile in Höhe von 12 Millionen Euro zur ungünstigsten Zeit.
Leva-EU hält dagegen
Leva-EU erklärt, dass es bei der aktuellen Gesetzeslage und deren unterschiedlicher Handhabung jeden Fahrrad- und E-Bike-Anbieter treffen könnte. Und warnt: »Mit jedem Unternehmen, das verschwindet, gehen Arbeitsplätze verloren, und die Staatskassen verlieren Einnahmen aus Steuern, Sozialversicherung und Mehrwertsteuer. Mit jedem Unternehmen, das verschwindet, schrumpft der Wettbewerb, geraten die Einzelhändler unter Druck und steigen die Preise für die Endverbraucher.«
Es sei auch schwer zu verstehen, wie angesichts der Auswirkungen dieser handelspolitischen Schutzmaßnahmen die Vorhersage des Europäischen Parlaments, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Fahrrad-Ökosystem der EU bis 2030 von 1 auf 2 Millionen erhöht werden könnte, erreicht werden soll.

Text: Jo Beckendorff

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