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Österreich: junger Auftragsfertiger WSF Technology ist insolvent
Noch im Februar ließ der junge Fahrrad- und E-Bike Lohnfertiger WSF Bicycle Technology GmbH verlauten, dank einer Crowdfunding-Spritze von 450.000 Euro die Belegschaft auf über 50 Personen ausbauen zu wollen. Gleichzeitig wurde auch schon kommuniziert, das Produktionsvolumen von derzeit circa 25.000 bis 2026 auf 100.000 (E-)Bike-Einheiten pro Jahr hochzufahren. Vorgestern (24. April) gaben sowohl der Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) als auch der österreichische Kreditschutzverband von 1870 (KSV 1870) offiziell bekannt, dass das Unternehmen beim zuständigen Landgericht Wels einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eingereicht hat.
Im oberösterreichischen Regau zu Hause: der jetzt in die Insolvenz geschlitterte Fahrrad- und E-Bike-Lohnfertiger WSF Bicycle Technology GmbH.Foto: WSF Technology

Wichtig zu wissen: das Unternehmen soll fortgeführt werden. So wurden bereits diverse Kosteneinsparungen und Restrukturierungsmaßnahmen eingetütet. Bisher besonders davon betroffen: das Personal. Aus Kostengründen wurde der Personalstand von 49 auf 15 Mitarbeiter reduziert,
Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Klaus Schiller von der Kanzlei Schiller mit Sitz im oberösterreichischen Schwanenstadt (30 Kilometer südwestlich von Wels) bestellt. Laut der Oberösterreichischen Tageszeitung zwangen Schulden in Höhe von 2,3 Millionen den erst im Dezember 2020 gegründeten Lohnfertiger in die Knie.
Dabei hatte alles so optimistisch angefangen: Die WSF-Gründer und -Geschäftsführer Alexander Schnöll und Roland Wallmannsberger wollten ihr langjähriges Know-how aus der Automotive-Industrie auf die Fahrrad-Branche übertragen. Denn die leidet in ihren Augen an einem Entwicklungsrückstand. Somit sahen sie hier ein Optimierungspotential, das sie für sich nutzen wollten.
Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes wollte sich der Lohnfertiger mit Sitz in Regau entlang der Wertschöpfungskette sowohl um Sourcing, Beschaffung und Import der Fahrradkomponenten in die EU kümmern (dafür gibt es bereits eine Zweigestelle in Taiwan) als auch um die anschließende Montage und Lackierung der Fahrräder sowie den Versand zum Endverbraucher, Händler oder Hersteller. Mit diesem Ansatz konnten die Österreicher (mit Rückenwind des aktuellen Mantras einer marktnahen Produktion) in Europa auch tatsächlich einige namhafte Marken für sich gewinnen.
Laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) habe der WSF-Output 2023 gerade einmal bei 25.000 (E-)Fahrrädern gelegen. Die Kapazität wurde aber schon auf bis zu 140.000 Einheiten ausgebaut.
Laut Eröffnungsantrag sind folgende Ursachen für die Insolvenz verantwortlich:

a) Einbruch der Kundenaufträge: aufgrund der aktuellen Markt- und Absatzsituation, die sich nach starkem Wachstum in den Jahren 2020 bis 2022 plötzlich umgekehrt hat, ist es ab Ende 2023 zu einem starken Rückgang des Marktvolumens gekommen. Dadurch hätten kaum neue Kunden gewonnen werden können. Zudem sei zu bedeutend weniger Aufträgen von bereits bestehenden Partnern gekommen.
b) Aufgrund von Lieferverzögerungen von für die Fertigung benötigten Teilen habe es weitere zeitliche Verschiebungen und Verspätungen gegeben. Somit konnten einige bestehende Aufträge nicht zeitgemäß abgeschlossen bzw. mit einem Großauftrag noch nicht einmal begonnen werden.

Diese Entwicklungen habe zu einer starken Reduktion der Auslastung von rund 1.500 Fahrrädern pro Monat im ersten Quartal 2023 zu aktuell unter 300 Fahrrädern monatlich geführt. Trotz der Erreichung deutlich höherer Preise sei man nicht mehr in der Lage gewesen, den Mengenverlust umsatzseitig zu kompensieren. So sei man in die Zahlungsunfähigkeit gerutscht.
Den oben genannten Verbindlichkeiten stehen jetzt Vermögenswerte in Form des vorhandenen Anlage- und Umlaufvermögens in Höhe von rund 175.000 Euro gegenüber. Dabei stellen die Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie die vorhandenen Produktionsmittel den größten Wert dar. Liegenschaftsvermögen ist nicht vorhanden (die Betriebsstätte ist angemietet). Eine bald einberufene Gläubigerversammlung soll klären, wie es weitergehen wird. Laut der Oberösterreichischen Tageszeitung wird ihnen eine Quote von 20 Prozent angeboten.

Text: Jo Beckendorff

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